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: HELMUT HÖGE über neues und altes Licht

„Not lehrt leuchten!“ (alte Hussiten-Weisheit)

Im Stasiunterlagengesetzblatt Horch & Guck findet sich in der neuesten Ausgabe ein Artikel über das Berliner Glühlampenwerk Narva. Auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung soll sich gerade Gedanken machen über eine Veranstaltung zum Thema Narva – immerhin hieß das BGW zuletzt „Kombinat Rosa Luxemburg“, und einer der Stiftungsvorständler arbeitete dort einmal. Dazu leben noch viele weitere „Zeitzeugen“ in der Gegend um die Warschauer Brücke, und der letzte Betriebsratsvorsitzende des BGW, Michael Müller, ist heute als Hausmeister für die modernisierten und großenteils leer stehenden Gebäude zuständig.

Im Nachhinein muss man sagen, dass die Glühlampenproduktion am wenigsten Chancen hatte, in der „Marktwirtschaft“ zu überleben – und ihre Privatisierung (statt Abwicklung) scheitern musste. Inzwischen wurde sogar schon die Osram-Glühlampenproduktion von Spandau ins Ausland verlegt. „Wir sind jetzt ein High-Tech-Betrieb“, meinte die Telefonistin neulich ironisch, weil dort jetzt nur noch Sonderlampen gefertigt werden: Hochdrucklampen.

Inzwischen hat sich auch die Lebensdauer-Debatte fast erübrigt. Zwar produzieren die Elektrokonzerne noch immer Millionen Glühbirnen jährlich – und je kürzer deren Brenndauer, desto mehr verkaufen sie. Aber die „Allgebrauchslampe“ ist ein Auslaufmodell: Einmal durch die immer billiger werdenden Energiesparlampen, die eigentlich nur eine umgebogene Leuchtstoffröhre sind. Zudem sind sie mit Gift gefüllt und „sparen“ kann man mit ihnen auch nichts, denn die Privathaushalte verbrauchen sowieso nur noch sieben Prozent ihres Stroms für Licht. Und zum anderen durch die Leuchtdioden (LEDs), die immer effektiver werden.

Darauf hat mich zuerst die litauisch-kanadische Künstlerin Laura Kikauka aufmerksam gemacht, die in ihren Berlin-Mitte-Clubs „Schmalzwald“ und „White Trash Food“ damit arbeitete. Sie kaufte die LEDs für einen Dollar das Stück in New York, meinte jedoch, sie würden immer billiger werden, auch immer heller, und halten würden sie ewig. Bald schon könnte man damit ganze Lichtwände in den Wohnungen gestalten – und dann würde wahrscheinlich niemand mehr Glühbirnen benutzen.

Neulich wollte ich mir die Herstellung von Leuchtdioden bei Osram in Regensburg näher ankucken – und bekam auch von der Firmenleitung die Erlaubnis dazu. Vor Ort durfte ich mir dann jedoch „nur“ einen dreistündigen Vortrag des Chefentwicklers anhören, von dem ich kaum etwas verstand, obwohl der Professor sich allergrößte Mühe gab.

Bei den LEDs handelt es sich seit langer Zeit mal wieder um eine deutsche Erfindung, die international sehr gefragt ist, meinte er. Sie besteht aus kleinen Halbleiterplättchen, durch die Strom geschickt wird, wodurch Photonen emittiert werden. Diese Lichtquelle nun hat man derart optimiert, dass sie schon jetzt viele Lampen (zum Beispiel bei Autoscheinwerfern und Ampeln) ersetzen kann. Die Optimierung ist jedoch äußerst kompliziert: Es werden dabei bis zu 14 gasförmige Metalle auf das winzige Plättchen aufgedampft, das anschließend geschliffen wird, um den Lichtstrahl zu bündeln.

All diese Bearbeitungen, die wie in Blackboxen vor sich gehen, kann man sich nicht einfach ankucken – zudem befinden sich die LED-Produktionsanlagen „sowieso in Malaysia“, wie mir der Osrammanager trocken mitteilte. In Regensburg wird quasi nur noch mit dem Wissen dafür gearbeitet. Und deswegen sieht die dortige „Fabrik“ auch genauso aus wie inzwischen alle Firmen, Ateliers und Behördenbüros: Es stehen nur noch Schreibtische mit Computern und einige Bücher beziehungsweise Aktenordner auf Regalen sowie ein paar eingetopfte Gummibäume. Auch die innere Organisation hat sich verändert: Osram ist längst keine Beamtenanstalt mehr, sondern ein Hire-and-Fire-Betrieb wie jeder andere Schweinekonzern auch.