WAS MACHT EIGENTLICH ... die Versöhnungsgemeinde?
: Roggen statt Mauern

„Das Wa-eizenkorn muss ste-erben, sonst bleibt es ja al-lein. Der eine lebt vom and’ren, für sich kann keiner sein. Ge-heimnis des Glau-bens, im Tod ist das Leben.“ Sorry, wir wollen uns hier nicht über religiöse Gefühle lustig machen, zumal es durchaus hässlichere und dümmere Lieder im Gesangbuch „Gotteslob“ gibt.

Aber solch Liedgut fällt einem eben ein, wenn man die Meldung liest, dass die Evangelische Versöhnungsgemeinde an der Bernauer Straße beschlossen hat, rund um ihre „Kapelle der Versöhnung“ auf dem früheren Mauerstreifen ein Roggenfeld anzulegen. Schon im kommenden Sommer soll der Roggen geerntet werden – ihn in Brotform zu sich zu nehmen, sollte jeder sich gut überlegen, der angesichts des Verkehrs an dortiger Stelle zu Angst um seine Gesundheit neigt.

Nun gehört die „Kapelle der Versöhnung“, gebaut in Lehmbauweise, zu den schönsten Gotteshäusern Berlins. Und sicherlich ist es nicht falsch gedacht, wenn die Gemeinde betont, mit dem Roggenfeld werde ein „Gegen-Bild zu der Kirche im Todesstreifen“ entstehen, eine „Anregung zum Nachdenken über den große Prozess des Werdens und Vergehens“. Dennoch hat das Ganze einen kitschigen Touch wie so viele Sakro-Pop-Lieder auch. Aber wir lassen uns gern eines Besseren belehren. Und mal ehrlich: Gibt es, filmgeschichtlich gesehen, schönere Bilder für das Paradies als die am Ende von „Gladiator“, samt wogendem Weizenfeld in toskanischer Landschaft? Dumm nur, dass Maximus kein Christ war. Oder? GES FOTO: ARCHIV