Eingehegt

Queer Die taz-Fotoredakteurin und Fotografin Elke Seegerist für ihre Arbeit „Capturing Nature – Fotografische Erkundungen“ mit dem Kunstpreis Fotografie ausgezeichnet worden

Zoologischer Garten Berlin, Panoramafenster

von Helmut Höge
(Text) und Elke Seeger (Fotos)

Die Tierpfleger und die Zootiere sind in einem endlosen Rüstungswettlauf gefangen, in dessen Verlauf die Zooplaner sich immer wieder Gehege ausdenken, die natürlich wirken und dennoch die Tiere sicher gefangen halten sollen, während die Tiere jede Schwachstelle, die den Planern und Erbauern entgangen sein könnte, auszunützen versuchen.

Zoologischer Garten Berlin, Raubtierhaus, Leopard

Damit ihre Behausungen noch natürlicher wirken, hat man sie eingerichtet: mit falschen und echten Pflanzen und gemalten Kulissen, die ihre ursprünglichen Lebensräume andeuten (Savanne, Urwald, Eismeer etc.). Es sind Dioramen mit lebenden statt ausgestopften Tieren, wobei diese darin jedoch auf einige wenige Grundfunktionen reduziert sind: fressen, pissen, scheißen, ficken und den Nachwuchs aufziehen. Zur Unterhaltung stellt man ihnen manchmal einen Fernseher in den Käfig. Die Gorillas im Pariser Zoo zum Beispiel sehen sich am liebsten Westernfilme an.

Zoologischer Garten Berlin, Raubtierhaus

Für die Besucher stellt man auf den Wegen zu den Gehegen gerne Tafeln mit aufgemalten Tieren und naturalistische Tierplastiken auf, die das Tier an sich in Bronze oder Ton zeigen.

Tierpark Berlin, Giraffenhaus

In den Zoos wird viel fotografiert, das ist eigentlich die Haupttätigkeit der Besucher. Den Profis mit ihren dicken Teleobjektiven ebenso wie den Laien mit ihren dünnen Smartphones geht es dabei vor allem um die lebendig ausgestellten Tiere – auch wenn diese meist nur gelangweilt irgendwo in ihrem kleinen Territorium herumliegen oder -stehen. Das Kunststück dieser Fotografen besteht darin, dass sie versuchen, die Tiere in den Gehegen, Käfigen, Becken und Volieren so ins Bild zu bekommen, dass man hernach ihr Eingesperrtsein nicht sieht – sie werden von ihnen quasi freigestellt.

Tierpark Berlin, Eingang

Wem solche Fakes nicht reichen, dem erklärte der Direktor des Berliner Zoos, Lutz Heck: „Wir bieten unseren Tieren lebenslängliche Versorgung, einen Arzt, wenn sie krank sind, freie Wohnung, Schutz gegen böse Feinde, kurzum: lebenslängliche Pension und Versicherung. Wie viele Menschen haben eine so gesicherte Zukunft vor Augen?“

Elke Seeger hat dieses verlogene Bildgebungsverfahren in den Zoos umgedreht: Sie konzentriert sich gerade auf die Einsperrtechniken, gelegentlich verzichtet sie sogar darauf, die gefangen gehaltenen Tiere dabei mit ins Bild zu nehmen. Wenn doch, kommt den Tieren dabei die Funktion einer Zookritik zu.