Die WASG bleibt hart und splittert

Nach der Bundestagswahl will die Linkspartei so schnell wie möglich mit der bisher ungeliebten Wahlalternative fusionieren. Ein Teil der WASG will dabei aber nur mitspielen, wenn die Linke den Senat verlässt. Andere suchen Kompromisse. Der Streit könnte zur Spaltung der WASG führen

Wie schnell sich doch die politischen Verhältnisse verändern können. Hat Linkspartei-Landeschef Stefan Liebich vor der Wahl die Berliner WASG immer wieder kühl abblitzen lassen, kann es ihm jetzt mit einer Annäherung nicht schnell genug gehen.

„Die Vereinigung beider Organisationen muss so zügig und transparent geschehen wie möglich, auch unter Inkaufnahme nicht ausdiskutierter Differenzen“, heißt es in einem von Liebich unterzeichneten Strategiepapier (siehe Kasten). Bis zur Landtagswahl in Baden-Württemberg am 26. März will Liebich eine einige Linke geschmiedet haben.

Bei dem Meinungsumschwung dürfte auch der satte Zuwachs beim Berliner Wahlergebnis eine Rolle spielen. Die Linkspartei hatte bei der Bundestagswahl, bei der auf ihrer offenen Liste auch WASG-Mitglieder kandidierten, mit 16,4 Prozent ihr bestes Ergebnis seit 1990 erreicht.

Die WASG aber – in Berlin spinnefeind mit der Ex-PDS – hat der neue Kuschelkurs kalt erwischt. Zu weit liegen knallharte Linkspartei-Sparpolitik und teils utopisch anmutende WASG-Forderungen auseinander. „Der Vorschlag, Inhalte erst mal beiseite zu lassen, ist eine Verhöhnung“, sagt WASG-Sprecherin Barbara Suhr-Bartsch. Besonders das Liebich-Angebot, „Gespräche auf Experten- bzw. Arbeitskreisebene“ zu führen, um landespolitische Inhalte auszuloten, stößt auf Ablehnung. „Dann würden wir als wesentlich Unerfahrenere mit der so genannten Sachzwanglogik überschüttet“, befürchtet Suhr-Bartsch.

Das Vorpreschen des wesentlich stärkeren Partners in spe verschärft aber auch den Dissens innerhalb der WASG. So sind die einen auf der Suche nach Gemeinsamkeiten, die anderen wollen im Konflikt die harte Linie fahren. WASG-Sprecher Gerhard Seyfarth wiederholte sein Ultimatum, dass man nur gemeinsam mit der Linkspartei in den Berliner Wahlkampf ziehen werde, wenn die das Bündnis mit der SPD verlässt. Auch Luigi Wolf, ebenfalls Vorstandsmitglied im Landesverband, hofft, dass am Ende des Diskussionsprozesses die Linkspartei den Senat verlässt. „Veränderung fängt in der Opposition an“, sagte Wolf.

Abgesehen davon, dass sich Liebich und seine GenossInnen wohl kaum auf eine solche Forderung einlassen werden, mehren sich auch innerhalb der WASG die kritischen Stimmen. „Der Flügel, der damals das Volksbegehren zur Abwahl des Senats organisiert hat, betreibt Sabotage gegenüber denen, die konstruktiv herangehen“, heißt es aus dem Landesverband.

Und auch die WASG-Bundespartei wird es nach dem Wahlerfolg kaum zulassen, dass die soeben geschmiedete linke Einheitsfront von einem zickigen Landesverband zerstört wird. „Unfug“ nennt der WASG-Bundesvorsitzende Klaus Ernst die Vorstellung, dass vor einer Fusion der rot-rote Senat platzen müsse.

Der rebellische Flügel der Berliner WASG aber geht noch weiter. Er schlägt vor, dass VertreterInnen beider Parteien in vier öffentlichen Foren zu Themen wie Haushaltskonsolidierung, Hartz IV oder Privatisierung Stellung nehmen. Das Ganze hätte den Charakter eines Tribunals. Öffentliche Veranstaltungen lehnte die Linkspartei bereits ab.

Suhr-Bartsch selbst gibt zu, dass eine Annäherung und damit ein gemeinsames Antreten bei der Abgeordnetenhauswahl „sehr unwahrscheinlich“ sind. Angesichts dessen hält sie gar eine Spaltung der WASG für denkbar. „Ich kann mir bei vielen unserer Mitglieder nicht vorstellen, dass sie sich mal so eben wegfusionieren lassen.“ In der Konsequenz heißt das: Wenn’s richtig kracht, gibt’s links neben der fusionierten Linkspartei mit der WASG noch eine Partei.FELIX LEE, ULRICH SCHULTE