Vattenfalls Zeit ist abgelaufen

Berlins Stromnetz ist begehrt

VON SEBASTIAN PUSCHNER

Nur alle fünf Jahre fällt in einem Berliner Haushalt der Strom aus. Wer Erneuerbare in das Netz einspeisen will, den schließt der Kohlekonzern Vattenfall schnellstmöglich an. Mit solchen Infos werben die Schweden gerade dafür, weiter das Berliner Stromnetz betreiben zu dürfen. Und sie haben recht: Vattenfall macht keinen schlechten Job als Netzbetreiber. Trotzdem sinkt Vattenfalls Stern in Berlin.

Das liegt auch an der Politik: Zu lange haben die Verantwortlichen in Berlin auf freiwillige Selbstverpflichtungen zum Klimaschutz und privatwirtschaftliche Investitionen in die Energiewende gesetzt. Jetzt sehen sich alle Parteien mit gewaltigem Druck von unten konfrontiert: Eine Genossenschaft sammelt Geld ein und bewirbt sich um das Netz. Ein Volksbegehren sammelt Unterschriften und verlangt vom Land aktive Energiepolitik.

Hamburg macht es anders

Für eine solche gibt es durchaus andere Möglichkeiten als den teuren Rückkauf des Stromnetzes: Hamburg etwa hat sich nur in kleinem Ausmaß beteiligt, dafür aber Vattenfall vertraglich zu großen Investitionen in die Infrastruktur verpflichtet. Für derartige Kooperationsmodelle wirbt Vattenfall auch in Berlin.

Doch dafür ist es nun zu spät: Vattenfall konnte zu lange machen, was es wollte, und steht deshalb im öffentlichen Bewusstsein für alte, fossile Energie – und nicht für einen soliden Stromnetzbetreiber. Deshalb wird der Druck von unten wohl Erfolg haben. Entweder in einer Einigung zwischen verantwortlichen Politikern und energiepolitischen Aktivisten. Oder direkt, per Volksbegehren und ein attraktives Übernahmeangebot für das Stromnetz.