An Englishman in Braunschweig

Hippen empfiehlt: Seit Dienstagabend kann man in Braunschweig beim 23. internationalen Filmfest unter anderem den Schauspieler John Hurt entdecken

Ein eigenes Profil hat sich das Filmfest mit dem Schwerpunkt „Musik & Film“ gegeben, unter dem jedes Jahr ein Filmkomponist vorgestellt wird

Von Wilfried Hippen

Er hatte das Pech, dass bei seiner bekanntesten Rolle kaum jemand auf ihn geachtet hat. Wer bemerkt schon Nuancen des schauspielerischen Ausdrucks, wenn gerade ein Monster durch die Bauchdecke bricht? John Hurt war das spektakulärste Opfer des Aliens in „Alien“, und da er dabei nicht so gut und heil wegkommt, fehlt dieser Film auch in der Werkschau, die anlässlich der Verleihung des „European Actors Award“ mit dem Namen „Die Europa“ an ihn zusammengestellt wurde. Gezeigt werden aber David Lynchs „Der Elefantenmensch“, bei dem Hurt fast gänzlich hinter der Maske der Titelrolle verschwand und der schöne britische Thriller „Die Profikiller“, mit dem Stephen Frears 1984 reüssierte, und in dem Hurt einen der wohl abgebrühtesten Auftragsmörder der Filmgeschichte spielte. Doch die Rolle seines Lebens hatte er schon 1975 in dem Fernsehfilm „The Naked Civil Servant“ gefunden, in dem er die Ikone der Schwulenbewegung Quentin Crisp verkörperte. Gerade wurde mit „An Englishman in New York“ eine verspätete Fortsetzung davon gedreht, in der Hurt über 30 Jahre später noch einmal den gleichen Charakter spielt.

Was für weitreichende Folgen solch ein Braunschweiger Filmpreis haben kann, beweist übrigens Hanna Schygulla, die ihn im Jahr 2007 als Erste verliehen bekam und damals noch auf der Bühne bekannt gab, sie würde von dem Preisgeld eine Kamera kaufen und damit selbst einen Film drehen. Dieser ist nun fertig, und so wird Hanna Schygulla am Samstagabend ihre Dokumentation über die kubanische Schauspielerin und Regisseurin Alicia Bustamente vorstellen.

Wie auf anderen eher regionalen und als Publikumsfestivals ausgerichteten Filmtagen werden auch in Braunschweig Filme vorgestellt, die in den nächsten Wochen und Monaten in die Programmkinos kommen. So etwa der neuen Woody Allen „Whatever Works“, der japanische Oscargewinner „Nokan“ von Yojiro Takita und „Soul Kitchen“ von Fatih Akin.

Ein eigenes Profil hat sich das Filmfest dagegen mit dem Schwerpunkt „Musik & Film“ gegeben, unter dem jedes Jahr ein Filmkomponist und sein Werk vorgestellt wird. Diesmal ist dies der außerhalb der Filmszene noch eher unbekannte Alexandre Desplat, der nicht an einem eigenen Stil sofort zu erkennen ist, wie etwa der im letzten Jahr präsentierte Michael Nyman, sondern versucht, für jeden einzelnen Film jeweils den richtigen Ton zu finden. So wirken seine Arbeiten eher unterschwellig und kaum einer wird sich bei Filmen wie „Die Queen“ von Stephen Frears oder „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ von Peter Webber später noch an die Filmmusik erinnern. Dass viele Regisseure gerade solch einen unaufdringlichen Soundtrack wünschen sieht man daran, dass Desplat zu den vielbeschäftigten Filmkomponisten Europas gehört. Heute Abend gibt es zudem eine Kuriosität zu bestaunen: Schon 1931, also lange vor der Edgar Wallace Serie im deutschen Kino, wurde in Deutschland dessen „Der Zinker“ verfilmt. Und diesen Spielfilm, in dem nur die Dialoge vertont sind, begleitet das Staatsorchester Braunschweig mit einer neu komponierten Musik.