Wortwechsel
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Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Nichts mehr ist wohltemperiert

Was runterfällt Staatliche Vertuschungsmanöver in Deutschland, Anlage Autobahn, der Besitz der Abgeschobenen. Und weltweit? Plastikalarm!

Milliarden von Plastikteilchen fahren mit Foto: dpa

Teures Fallobst

betr.: „Die Wiese droht zu verschwinden“, taz vom 1. 6. 17

Bevor Herr Schäuble auf die Idee kommt, die Rekordeinkünfte meiner Streuobstwiese mit Steuern zu belegen. Bei uns bekommt man die 5–8 € für 100 kg. LOTHAR ROSS, Aichtal

Vertuscht

betr.: „Eine deutsche Geschichte“, taz vom 2. 6. 17

Eine deutsche Geschichte, überschreibt Gereon Asmuth seinen Kommentar und fordert, dass sich der Berliner Senat zu seiner Verantwortung bekennt. Aber ist es nicht so, dass diese „deutsche Geschichte“ weitergeht? Man erinnere sich nur an die Meldungen zum Thema Amri. Hier sind Erkenntnisberichte verschwunden, die, wäre mit den Erkenntnissen korrekt umgegangen worden, dazu geführt hätten, dass der Anschlag in Berlin mit hoher Wahrscheinlichkeit nie erfolgt wäre. Um das zu vertuschen, wurden Berichte umdatiert, andere verschwanden. Weiter: Polizeibeamte können dem Ku Klux Clan angehören, ohne dass sie aus dem Dienst entfernt werden. 2013 verbrannte Oury Jalloh in seiner Zelle. Einige unabhängige Gutachter stellen die offiziellen Gutachten mehr als in Frage: Gibt es hier eine wirkliche Aufklärung, oder wird verschleppt und vertuscht? Das Vertuschen von rechten Gewalttaten in den neuen Bundesländern, das Vorgehen der Polizei gegen Gegendemonstranten und racial profiling sind an der Tagesordnung. Bei zweifelhaftem Vorgehen von Beamten gibt es keine unabhängige Untersuchung, weil die Polizei dann gegen sich selbst ermittelt. Und beim Verfassungsschutz ist es nicht anders. Da werden Berichte geschreddert. Gegen einen Angehörigen des Verfassungsschutz, der nachweislich bei einem Mord des NSU in Kassel anwesend war und bei dem der Verdacht nicht ausgeräumt ist, dass er möglicherweise selbst als Täter in Frage kommt, wird nicht ermittelt. Es existieren V-Männer im Verfassungsschutz, die ihre Organisation mit dem Geld finanzierten, das sie als „Aufwandsentschädigung“ erhalten haben. Und die deutsche Regierung kungelt mit Diktatoren, weil wirtschaftliche Beziehungen über den Menschenrechten stehen. So geht die deutsche Geschichte weiter und weiter, zumindest so lange die konservativen Parteien, die sich als christlich bezeichnen, immer wieder an die Macht kommen.

ALBERT WAGNER, Bochum

Türkisch korrekt

betr.: „Tornados ziehen weiter“, taz vom 8. 6. 17

„Güle, güle“ wird ausgesprochen von dem, der bleibt. Der Gehende sagt: „Allahismaladik“. Also müsste unter eurem Foto stehen: „Güle, güle, Almanya“ oder „Allahismaladik, Türkiye!“

Peter SCHWANINGER, Oberursel

Plastikterror

betr.: „Konferenz der Meerschweine“, taz vom 7. 6. 17

Vier Vorschläge zur Verringerung von Plastik im Meer:

1. Eine europaweite Leitungswasser-Trinkkultur, bewirkt durch Glaskaraffen, ausgehend von den Büros und Kantinen der öffentlichen Hand. Hätte gute Vorbildwirkung gegen überflüssiges Verpackungsmaterial beim Trinken von Wasser.

2. Verbot von Plastikgeschirr und Besteck in Lebensmitteleinzelhandel und jeglicher Gastronomie. Eine Hungerkatastrophe in der deutschen Bevölkerung wird die Folge sein …

3. Nichts mehr kaufen, das aus Plastik hergestellt oder in Plastik verpackt ist – ein guter Konsumentensport, der Spaß macht, Ressourcen und Geld spart.

4. Verweigerung des gelben Sacks, sogar von einer Umweltdezernentin praktiziert und propagiert und von mir seit Jahren: Wenn schon Plastik, dann lieber zu heimatlicher Heizwärme statt nach Nirgendwo (unlängst verschwanden ja wieder viele Tonnen der vom Dualen System gesammelten gelben Säcke).

ANNETTE WEBER, Heusenstamm

Krank vor Geld

betr.: „Das Internet ist schuld“, taz vom 6. 6. 17

„Es ist beruhigend, dass die große Mehrheit der Bevölkerung besonnen auf die Attentate reagiert.“ Es ist beunruhigend, dass Internetportale und Anbieter von Webseiten gezwungen werden sollen, nur die Meinungen der Herrschenden, hier von Theresa May, zuzulassen, selbst wenn diese Gewalt verherrlichend sein sollten. Ja, was sind britische Werte? Würde es nicht reichen, es orientierten sich alle an dem global geltenden Völkerrecht, der Charta der Vereinten Nationen?

Die Menschen werden sich doch nicht auf ewig verarschen lassen. Wenn Großbritannien in Syrien, in Afghanistan bombardiert, wie vorher in Libyen und im Irak, alles muslimische Länder, dann werden doch auch die Verwandten der Getöteten mit Tatwaffen wie Autos und Messern nach GB kommen. Die ganzen Kriege nur wegen des billigen Öls und des Absatzmarktes für Waffen? Daran ist nicht das Internet schuld, daran tragen die Herrscher die Schuld, die krank sind vor Geld und nicht wissen, dass es in dieser durch das Internet kleiner gewordenen Welt nur miteinander geht. Auch wenn das Internet eingeschränkt wird – die Welt bleibt, wie sie ist. Danke für diesen wohltemperierten Kommentar, Ralf Sotscheck!

NORBERT VOSS, Berlin

Autobahn Schäuble

betr.: „Heute dagegen, morgen dafür“, taz vom 2. 6. 17

Die Idee der Infrastrukturgesellschaft, in die die Autobahnen überführt werden sollen, hat Finanzminister Wolfgang Schäuble gekonnt vorangetrieben. Bereits 2014 verkündete er: „Natürlich arbeiten wir auch daran, den Bereich Infrastruktur stärker für Investitionen der Versicherungswirtschaft, von Pensionskassen und der anderer großer Kapitalsammelstellen zu öffnen.“ Es geht also darum, die Kosten für den Erhalt des Autobahnnetzes „auszulagern“. Dafür stehen der neuen Gesellschaft die Einnahmen aus den Mautgebühren zu, während der Finanzminister für die Nutzungsrechte von der Gesellschaft bis zu 80 Milliarden Euro einstreichen kann. Herr Schäuble hat zu dem altbewährten Trick gegriffen, das Gesetz in einem Paket abstimmen zu lassen, nämlich zusammen mit der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen. Mit ihrer Kritik der „Erpressung“ hat Sahra Wagenknecht sicherlich recht. Das ist aber wohl erst der Anfang. Denn die Bundesregierung bemüht sich – unbeachtet von der Öffentlichkeit – auf der Ebene der G 20 weltweit die Umwandlung von Infrastrukturen der Daseinsvorsorge in Anlageprodukte voranzutreiben. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Wilde Kunstkritik

betr.: „Die Avantgarde in den Gefängniszellen“, taz vom 29. 5. 17

Schade, dass Sie meiner Arbeit, als einziger in Ihrem Artikel, mangelnde Reflexion bescheinigen. Mangelnde Reflexion und wenig Auseinandersetzung mit „ Avantgarde“ sehe ich eher in Ihrer kritiklosen, ja fast schon „kunst-kitschigen“ und apotheotischen Huldigung an Meese, dessen Raum Sie als „Explosion von Sex, Essen, Gewalt“ beschreiben. Gerade in der ansonsten sehr geschätzten taz kann man doch politischere, den medialen Kontext beachtende Kunstkritik erwarten – anstatt das Bild vom „wilden, exaltierten Künstler-Genie“ kunstmarktgerecht und affirmativ aufrechtzuerhalten. Mit besten Grüßen. ACHIM MOHNÉ, Köln