Ortstermin: Grundsteinlegung der Elbphilharmonie im Miniatur-Wunderland
: Zurück in die Kindheit

Elbphilharmonie geht immer gut. Besonders, wenn auf der echten gleich nebenan faktisch Baustillstand herrscht

Ist das ein Geboxe! „Hier, weiter, rechts, weiter links, schau’n Sie nicht so bös!“, brüllen die Fotografen. Zehn, zwanzig von ihnen sind gekommen, als würde heute ein Kalb in Gold verliehen. Und ein bisschen stimmt das. Das Kalb heißt Elbphilharmonie – kurz Elfi – und golden ist die PR des Miniatur-Wunderlands in Hamburgs Hafencity. Nicht, dass dessen Macher je um PR-Gags verlegen gewesen wären. Aber jetzt war schon geschlagene zweieinhalb Wochen lang kein Event, und so konnte es ja nicht weitergehen in Hamburgs berühmter Hafencity-Modelleisenbahn-Attraktion.

Außerdem: Elfi geht immer gut. Besonders, wenn an der echten – gleich nebenan – mal wieder Baustillstand herrscht. Also haben die Wunderländer am Mittwoch zur Grundsteinlegung geladen, was eine grobe Geschichtsklitterung ist, weil es die so gar nicht gab. Denn das gläserne Konzerthaus steht auf einem Backstein-Speicher von 1963; einen echten Grundstein auf flacher Erde gab es nie.

Den gab’s aber am Mittwoch im Mini-Wunderland, was auch deshalb nicht redlich ist, weil die Architekten die Idee mit dem genial trapezförmigen Grundriss nicht gehabt hätten, wäre der trapezförmige Speicher nicht schon dagewesen. Und so steht man etwas skeptisch im Wunderland-Neonlicht, das so anheimelnd ist wie Nachbars Eisenbahn-Kriechkeller vor 30 Jahren. Irgendwo tatüüt und tataat es und wird mal kurz dramatisch finster.

Für das Elfi-Event hat man einen schmalen Streifen Stehplätze abgetrennt, damit die echten, weil zahlenden Besucher nicht gestört werden. Außerdem können sich die Grundsteinlegungs-Gäste dann nicht nur kuschelig, sondern auch als richtig viele fühlen. Es wird getuschelt und gelacht und abgesehen von den Journalisten gibt es auch ältere Herren samt Gattin, die aussehen wie Sponsoren.

Der Elfi-Intendant tritt auf, und man fragt sich, was er hier sucht, und er sagt, er habe die Idee lustig gefunden. Man glaubt es ihm, hat er doch kürzlich erst öffentlich verkündet, die Elfi sei eine Lachnummer. Dafür hat er allerdings von seinen Presseleuten mächtig auf den Hut bekommen. Heute erzählt er nur, dass seine diesel-betriebene Modell-Lok früher immer im Kleiderschrank seiner Mutter explodiert sei. Moment mal, Explosion? Nein, das wollen wir jetzt nicht falsch verstehen, das hat mit der Elfi gar nichts ...

Und schon kommt die Kultursenatorin heran, etwas spät, dafür mit aufgeregten roten Bäckchen. Freundlich wie der Weihnachtsmann grinst sie in die 7.000 Kameras. Dann liest sie eine mittellustige Rede vor und sinniert über das Vergnügen, das die Wunderland-Leute haben werden, falls sie alle bisherigen Bauverzögerungen originalgetreu nachspielen.

Und man steht da und fragt sich, ob Senatorin und Intendant nichts Besseres zu tun haben, als hier zugunsten der Wunderland-Leute, die jetzt in alle Zeitungen kommen, herumzualbern.

Irgendwann wird einem klar: Verzweiflung hat sie getrieben, Frustration über den faktischen Baustillstand und die bundesweite Häme. Das schlägt aufs Gemüt, und da ergreift man jeden Strohhalm. Denn wenn man schon keine echte Eröffnung bekommt, will man wenigstens eine gespielte Grundsteinlegung. Will zurück ins Puderzuckerland der Kindheit, als noch alles möglich war.

Und wirklich: Nach dem Mini-Festakt, da glänzen ihre Augen. Eine gelungene Therapie. Gegenleistung: 15 Minuten kostenlose PR fürs Wunderland plus Journalisten-Statisten. Eigentlich ein guter Deal. PS