LeserInnenbriefe
:

taz.die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin

Hyperlink:=briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Wie schön! Noch mehr Krach!

betr.: „Ein Baby ist keine Geste“, taz vom 15. 5. 17

Au ja, liebe Frau Sanyal, führen wir doch alle ganz stolz unsere Brut vor – und bringen sie mit auf die Baustelle, an die Rewe-Kasse, in die Oper, in den Lesesaal der Unibibliothek und an den DB-Info-Service-Point! Vor allem diejenigen KollegInnen mit unerfülltem Kinderwunsch müssen doch mal vor Augen geführt bekommen, was sie bislang so alles in ihrem Leben verpasst haben! Aber auch wir gewollt Kinderlosen sollten doch auf Biegen und Brechen zur Toleranz gezwungen werden: Denn nach dem Unterricht – in meiner Gesamtschule mit 1.000 lärmenden SchülerInnen, in viel zu großen Klassen – brauche ich am Nachmittag (in einem voll gestopften LehrerInnenzimmer) unbedingt noch den Geräuschpegel aller KollegInnenkinder. Wer dazu noch die Betreuungskosten für seinen Hund einsparen will, bringe den sabbernden Vierbeiner doch bitte gleich auch noch mit. Und eigentlich darf auf meiner Arbeitsstelle auch meine 90 Jahre alte Omi nicht fehlen. Sonst langweilt sie sich zu Hause noch zu Tode.

SUSANNE NOWAK, Frankfurt

Rassismus ist Empathiemangel

betr.: „Überhöhung des Sächsischen“, taz vom 18. 5. 17

Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit sind keineswegs nur politische Haltungen. Sie sind vielmehr Ausdruck mangelnder Empathiefähigkeit. Und diese hat primär nichts mit Politik zu tun, sondern wächst in uns Menschen heran vom ersten Tag unseres Lebens – so wir denn auch empathische Eltern haben und die Möglichkeit stabile Bindungen zu engen Vertrauenspersonen aufbauen zu können. Unter der frühen Trennung von Mutter oder Vater und Kind leidet ebendiese Fähigkeit des Menschen, sich in einen anderen hineinversetzen und Mitleid empfinden zu können. In der ehemaligen DDR sind die meisten Kinder schon sehr früh fremd betreut worden, da die Mütter arbeiten mussten. Dies geschah oft genug auch gegen den Willen der Eltern. Dies ist ein wesentlicher Grund dafür, dass dieses Phänomen in Ostdeutschland vermehrt auftritt. Studien, die dies nahelegen, gibt es zur Genüge – allerdings widersprechen sie leider auch dem neuen Frauenbild. Und den Programmen aller „fortschrittlichen Parteien“. Wieder sollen wir Frauen arbeiten gehen und uns früh von unseren Kindern trennen. Die schönsten und wichtigsten Jahre Fremden schenken – nur um welchen Preis? Wir können heute quasi schon die Zukunft sehen! Krass, oder? ISABEL DÜRR, Wolfratshausen

Echte Sachsen sind weltoffen

betr.: „Überhöhung des Sächsischen“, taz vom 18. 5. 17

Rechtsextremismus in Sachsen ist eine schreckliche und widerliche Tatsache, die mich selbst zur Ab- beziehungsweise zur Auswanderung bewegt hat. Da gibt es nichts zu beschönigen. Aber dieser Artikel und diese westdeutsch einseitige, vorurteilsbeladene „Forschung“ sind im Großen und Ganzen Quatsch. Es wird pauschalisierend von Ostdeutschland gesprochen, die „Forschungsergebnisse“ werden jedoch hauptsächlich mit Bezug auf Sachsen erklärt – und dann stammen die Daten wiederum aus Erfurt in Thüringen. Tatsache ist, dass Helmut Kohl und seiner CDU 1989/90 jeder „Deutschland!“ schreiende Idiot ins Konzept gepasst hat. Viele „Helden“ und „Patrioten“ waren schon damals klar als Neonazis zu erkennen. Aber das war Kohl und seiner CDU egal. Aus den westdeutschen Bundesländern oder Brandenburg kamen Leute wie Apfel, Höcke, Petry uund so weiter, die auf der – in der Tat bereits aus DDR-Zeiten stammenden – rechten Szene weiter aufbauten. Mit Sachsenstolz hat das gar nichts zu tun! Ich kenne viele „stolze Sachsen“ und würde mich selbst dazu zählen. Echte Sachsen sind weltoffen und aufgeklärt. Unterstreichen kann ich freilich den Vorwurf an die Sachsen-CDU, die sich bis heute nicht von der SED-Blockpartei zu einer echten demokratischen Partei gewandelt hat.

STEFAN MUMMERT, Mount Waverley, Australien

Ach, Folter ist nur „peinlich“?

betr.: „Chelsea Manning wieder auf freiem Fuß“,taz vom 18. 5. 17

Chelsea Manning war (unter anderem) verantwortlich für die weltweite Sichtbarmachung, wie US-Soldaten im Irak aus einem niedrig fliegenden Hubschrauber mehrere friedliche Zivilisten erschossen. Manning wurde dafür zu 35 Jahren Haft verurteilt, die sie zum Teil unter folterähnlichen Bedingungen verbüßte; Von den Mördern wurde keiner zur Verantwortung gezogen. Ohne Erwähnung dieser oder ähnlicher Verbrechen spricht die taz lediglich von „zum Teil höchst peinlichen Details für die USA“. Mord und Folter durch die U.S. Army als „peinliche Details“ zu bezeichnen, das ist eine unfassbare journalistische Entgleisung. Die taz sollte auch die Agenturen (wie dpa) auf diese unhaltbare Formulierung aufmerksam machen.

GERD BAUMANN, München

Linke solidarisch mit Troika

betr.: „Linke bricht Versprechen“, taz vom 18. 5. 17

Unfassbar! Jetzt schlagen sich linke Europaabgeordnete auf die Seite der Troika und unterstützen damit den sozialen Kahlschlag in Griechenland. Dies ist ein Schlag ins Gesicht derer, die sich linker Politik im Interesse der Mehrheit der griechischen Bevölkerung verpflichtet fühlen und dafür aktiv kämpfen. Ein solch devotes Verhalten konterkariert die massiven Proteste (Generalstreik) im Lande. Geboten wäre der aktive Kampf der Linken gegen die Austerität und Privatisierung. Und Solidarität mit den finanziell Gebeutelten! RAIMON BRETE, Chemnitz