Integration durch gemeinsames Kochen

EngagementVon Kaiserschmarrn bis Tabuleh: Eine Gruppe von Berliner Schülern organisiert seit mehr als zwei Jahren Kochabende für Geflüchtete. Das beschert ihnen eine Einladung ins Bundeskanzleramt – dort wird das Projekt heute geehrt

Othmann und Joshua (rechts) beim Kochen Foto: Paul Zinken/dpa

In einem etwas heruntergekommenen Raum in einem Jugendzentrum in Pankow treffen sich an einem warmen Juni­abend rund 30 Schüler und Geflüchtete. Gemeinsam lachen sie, reden, spielen Tischfußball und Karten – und kochen. An einem kleinen Tisch neben der Terrassentür werden Zwiebeln geschnitten, an einem runden Kneipentisch die Tomaten. Für Vorbereitungsarbeiten ist in der kleinen, winkeligen Küche kein Platz. Der Verein Schüler Treffen Flüchtlinge hat den Abend organisiert.

Joshua Kriesmann hat ihn gemeinsam mit vier anderen Schülern vor zwei Jahren gegründet. „Vorher waren wir nur eine Schülergruppe, niemand hat uns wirklich ernst genommen“, sagt der 19-Jährige, inzwischen frischgebackener Jurastudent. Alles begann im Februar 2015 mit einer Spendenaktion, die Kriesmann und seine Freunde an der Schule organisierten. Sie entschieden sich, mehr zu machen. „Wir wollten aber nicht nur helfen, sondern einen Austausch schaffen“, so Kriesmann. Seitdem organisieren sie mindestens einmal im Monat gemeinsame Kochabende und Ausflüge. Einmal kochten sie so sogar in der US-Botschaft.

An dem Juniabend steht Kriesmann mit der Schülerin Paula Fredrich (17) und Othmann Mohammad in der Küche. Er probiert das Maklube, ein arabisches Gericht aus Reis, Kartoffeln, Auberginen und Tomaten. Dazu gibt es einen deutschen Gurkensalat und einen italienischen Nudelsalat. Mohammad ist vor eineinhalb Jahren aus dem Irak geflohen. Früher habe er seiner Mutter beim Kochen geholfen, sagt der 29-Jährige. Er ist nicht das erste Mal dabei. Einmal fuhr er gemeinsam mit Paula in eine Schule in Marzahn, um mit den Schülern über seine Flucht zu sprechen.

Das Projekt haben sie aber nicht fortgeführt. „Vielen fällt es schwer, über die Flucht zu sprechen“, sagt Kriesmann. Er wirkt für sein junges Alter erstaunlich professionell, hat alle Fakten parat. In den vergangenen Jahren hat er das Projekt oft vorgestellt, Unterstützer gewonnen und Geld gesammelt. Mit Erfolg: Am heutigen Mittwoch wird der Verein gemeinsam mit 24 anderen Initiativen im Bundeskanzleramt von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geehrt.

Sie haben bei dem Wettbewerb Startsocial gewonnen, bei dem ehrenamtliche Projekte gefördert und über einen längeren Zeitraum begleitet werden. „Die Schüler sind sehr professionell vorgegangen“, sagt Geschäftsführerin Sunniva Engelbrecht. Dabei befänden sie sich gerade am Ende ihrer Schulzeit oder am Anfang der Ausbildung. „Das ist ein wichtiges Zeichen gegen die Politikverdrossenheit, die dieser Generation oft nachgesagt wird“, sagt Engelbrecht.

Sieben Initiativen erhalten heute außerdem ein Preisgeld von jeweils 5.000 Euro. Kriesmann glaubt nicht, dass ausgerechnet sie das Geld gewinnen. „Da sind andere Vereine, die viel viel mehr Erfahrung haben als wir.“ Trotzdem weiß der 19-Jährige, was er mit dem Geld anstellen würde. „Zunächst müssten wir uns endlich mal bei allen Helfern bedanken, mit kleinen Geschenken und Blumen. Das meiste Geld würde aber natürlich in die Projekte gehen.“

Die nächsten Ideen stehen nämlich schon: Stadttouren durch Berlin von und für Geflüchtete und ein Kochabend nur für Frauen. (dpa)