heute in Bremen: „Arbeit umverteilen“
Wirtschaft VertreterInnen der Post-Wachstumsdebatte diskutieren über Arbeit
ist Professorin und Leiterin des Studiengangs European and World Politics an der Hochschule Bremen.
taz: Frau Zimpelmann, was ist an Wachstum schlecht?
Beate Zimpelmann: Zunächst einmal: Arbeit und Wachstum müssen nicht zwangsläufig miteinander gekoppelt sein. Denn Wachstum bedeutet eine Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts, und damit hat Wachstum auch immer eine Komponente, die ökologisch problematisch ist. Das Mehr an Produktion kann in der Regel nicht durch effizientere Technologien aufgefangen werden.
Aber wie kann das gehen, Arbeit ohne Wachstum?
Das ist die Frage, mit der wir uns beschäftigen: Kann das im Kapitalismus funktionieren? Ein wichtiger Punkt sind die Arbeitszeiten: Wir müssen Arbeit umverteilen, weg vom Vollzeitmodell, hin zur 30-Stunden-Woche für alle. Das schafft auch Geschlechtergerechtigkeit.
Die Debatte um die Grenzen des Wachstums ist ja schon etwas älter. Was hat sich verändert?
Die Diskussion ist aus dieser Verzicht-Ecke herausgekommen. Viele junge Leute engagieren sich und sehen: Umweltschutz kann Spaß machen. Es ist nicht mehr so sehr der Öko in Birkenstock-Sandalen, der auf etwas verzichtet, sondern die Vorstellungen von einem guten Leben haben sich gewandelt.
Was bedeutet ein gutes Leben denn heute?
Es bedeutet, dass Erwerbsarbeit nicht alles ist. Es geht nicht um Verzicht, sondern um mehr Lebensqualität und um Zeitwohlstand.
Deutschland als reiches Industrieland kann sich vielleicht weniger Wachstum leisten – aber wie ist das etwa mit Ländern wie Indien? Funktioniert das Konzept auch global?
Das ist erstmal europäisch gedacht. Aber grundsätzlich ist es ein Modell, das weltweit funktioniert. Denn vom Wachstum der multinationalen Konzerne profitieren ja auch nicht die Länder des Südens, sondern wir. Allerdings kann man auch nicht hingehen und sagen: Wir haben unser Wachstum gehabt, ihr braucht jetzt auch keins mehr. Das Pro-Kopf-Einkommen in den südlichen Ländern muss steigen, und es muss sozialen Ausgleich geben.
Interview: KMS
17 Uhr, Kultursaal der Arbeitnehmerkammer, Bürgerstraße 1
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