Bernd Pickert über deutschen Wahlkampf mit Anti-Trump-Reflexen
: Schimpfen und weitermachen

Sich von Trump zu distanzieren, ist leicht – im Wahlkampf hat US-Kritik noch nie geschadet

Donald Trump ist kein Politiker. Was dem ungebildeten Immobilienmogul im Wahlkampf so geholfen hat, wird jetzt immer mehr zum Problem, auch für seine eigenen Leute. Denn ein Präsident, der einerseits wie ein Bully auftritt, andererseits aber immer und immer wieder unter Beweis stellt, dass er grundlegende Dinge nicht versteht – wie etwa, was es mit der Nato-Finanzierung auf sich hat –, beschämt die USA, anstatt sie „wieder groß zu machen“.

Allerdings: Es nutzt wenig, sich darüber lustig zu machen, auch wenn er dafür jeden Tag ausreichend Anlässe bietet – dazu er hat einfach zu viel Macht. Sicher, innenpolitisch gerät Trump jeden Tag mehr unter Druck, und dass er die erste Amtszeit nicht übersteht, ist zumindest denkbar. Darauf aber können die europäischen US-Verbündeten nicht bauen. Sie müssen mit Trump umgehen, auch wenn sie es augenrollend tun.

Kanzlerin Angela Merkel und schärfer noch die SPD-Leute Martin Schulz und Sigmar Garbriel haben sich klar von Trump distanziert. Das geht leicht und kostet wenig – im deutschen Wahlkampf hat US-Kritik noch nie geschadet.

Wichtiger aber wäre, tatsächlich auch die eigene Politik zu überdenken. Da mahnen die Europäer Trump zum fairen Umgang mit Flüchtenden und arbeiten gleichzeitig selbst auf Hochtouren an der Abschottung der EU. Da stehen sie mit versteinerten Gesichtern da, wenn Trump den Unsinn erzählt, die Nato-Länder schuldeten den USA aus der Vergangenheit noch „große Mengen Geld“ – beeilen sich aber gleichzeitig zu versichern, sie wollten möglichst rasch 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Militär ausgeben. Dieses Ziel gab es schon vor Trump – es ist ein Verbrechen. Denn Geld für Waffen tötet auch dann, wenn es einfach nur woanders fehlt.

Das zu revidieren, wäre glaubwürdig. Einfacher ist es jedoch, auf Trump zu schimpfen und weiterzumachen.

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