Dialog mit der Polizei

Muslime und Sicherheitsbehörden vereinbaren engere Zusammenarbeit. Milli Görüs will nicht mitmachen

BERLIN taz ■ Islamische Verbände und Sicherheitsbehörden wollen im Kampf gegen Terroranschläge enger zusammenarbeiten. Bei ihrem ersten Treffen mit den Spitzen von Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt und Landeskriminalämtern vereinbarten Vertreter des Zentralrats der Muslime und der Türkisch-Islamischen Union (Ditib) am Donnerstag in Berlin, eine gemeinsame Arbeitsgruppe zu bilden. Diese soll bis zum Jahresende zunächst Vorschläge für „vertrauensbildende Maßnahmen“ erarbeiten.

Bei dem Treffen – an dem auch Verfassungsschutzchef Heinz Fromm und BKA-Präsident Jörg Ziercke teilnahmen – wurde unter anderem angeregt, dass Moscheevereine und örtliche Polizeibehörden jeweils Ansprechpartner für einander benennen. Außerdem sollen Polizisten bessere Fortbildungen über den Islam erhalten. Sowohl der Zentralratsvorsitzende Nadeem Elyas wie auch der Ditib-Dialogbeauftragte Bekir Alboga zeigten sich zufrieden mit dem ersten Gespräch. Auch die Sicherheitsbehörden lobten die „offene und konstruktive“ Atmosphäre – und kündigten ein Folgetreffen für Dezember an.

Zu dem Sicherheitsgipfel waren weder der Islamrat noch die als islamistisch eingestufte Gemeinschaft Milli Görüs eingeladen worden. Elyas regte zwar an, zum nächsten Treffen zumindest auch den Islamrat zu bitten, der Plan dürfte sich aber schon erledigt haben. Denn der Islamratschef Ali Kizilkaya hält wenig von der Initiative: „Moscheen dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden“, warnte er im Gespräch mit der taz. Dies geschehe aber, wenn Verbindungsleute der Sicherheitsbehörden in Gotteshäusern installiert würden: „Muslime sind kein Fall für die Polizei, sondern ganz normale Staatsbürger.“ Am Dialog sei natürlich auch der Islamrat interessiert. Dieser müsse aber mit der Politik geführt werden – nicht mit der Polizei.

Auch Milli-Görüs-Generalsekretär Oguz Ücüncü distanzierte sich von dem Projekt. Der Vorstoß laufe darauf hinaus, „Freiheitsrechte der Muslime preiszugeben“ und die Unschuldsvermutung aufzugeben. Selbstverständlich gelte für alle Bürger die Pflicht, Straftaten anzuzeigen – daran würden sich aber Muslime ohnehin halten, genau wie alle anderen.

Berechtigte Vorbehalte oder übertriebene Bedenken? Eher Letzteres, findet Omid Nouripour, Vorstandsmitglied der Grünen: „Es gibt unbestritten Differenzen. Die kann man nur ausräumen, wenn man ins Gespräch kommt“, sagte er der taz. Ein „Tag der offenen Moschee“ im Jahr reiche längst nicht aus, um die Transparenz zu verbessern und Vertrauen aufzubauen. Auch ein Sprecher der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Marieluise Beck, begrüßte die Initiative: Es sei schließlich auch Aufgabe des Verfassungsschutzes, den Dialog zu suchen – „aber natürlich nicht, um Muslime in eine gewisse Ecke zu stellen“.

ASTRID GEISLER

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