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: Produkt konservativer Revolte

Bei der Wahl neuer Verfassungsrichter wird vorher stets politisch gekungelt, weil nur so die erforderliche Zweidrittelmehrheit in Bundestag oder Bundesrat erreichbar ist. Traditionell haben Union und SPD jeweils für die Hälfte der sechzehn Richtersitze das Vorschlagsrecht, je eines fällt an FDP und Grüne.

Ganz eigentümlich verlief aber die Entscheidung für den hessischen Justiz-Staatssekretär Herbert Landau (CDU), der gestern im Bundesrat einstimmig als neuer Richter für den Zweiten Senat gewählt wurde. Er verdankt sein neues Amt einer kleinen innerkonservativen Revolte des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch. Denn zunächst sollte den Posten der Tübinger Rechtsprofessor Ferdinand Kirchhof (Bruder von Paul Kirchhof) erhalten. Es sollte quasi ein Abschiedsgeschenk an den scheidenden Stuttgarter Ministerpräsidenten Erwin Teufel werden, denn Kirchhof hatte das Land in mehreren Verfahren, zum Beispiel im Kopftuchstreit, in Karlsruhe vertreten.

Der ursprüngliche Deal sah vor, dass Landau erst im nächsten Jahr ans Verfassungsgericht gewählt wird. Dann wären zwei Sitze am Ersten Senat frei geworden, für die ebenfalls die schwarz-gelbe Seite das Vorschlagsrecht innehat. Bei beiden Sitzen war jedoch gesetzliche Voraussetzung, dass nur Juristen gewählt werden können, die bereits an einem Bundesgericht tätig sind. Zwar war Landau von 1996 bis 1999 Richter am Bundesgerichtshof, ließ sich dann aber für sein politisches Engagement in Hessen beurlauben. Als Koch auf das Problem aufmerksam gemacht wurde, reagierte dieser gewohnt kaltschnäuzig, blockierte die bereits für den 8. Juli terminierte Wahl Kirchhofs und setzte Landau durch.

Der 57-jährige Landau hat einen bunten Lebensweg. Nach einer Lehre in der elterlichen Bäckerei in Dillenburg (Hessen) machte er auf dem zweiten Bildungsweg eine Ausbildung zum Sozialarbeiter und arbeitete auch in diesem Beruf. Erst im Alter von 26 Jahren begann er sein Jurastudium. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Untersuchungsausschuss zum Neue–Heimat-Skandal. Ab 1987 diente er drei Jahre lang dem hessischen Justizminister Karl-Heinz Koch (Vater von Roland Koch) als persönlicher Referent. Nach einer Zwischenstation als Staatsanwalt gelangte er 1996 als Strafrichter an den Bundesgerichtshof.

Als hessischer Justiz-Staatssekretär hat er sich einen Ruf als konservativer Reformer erworben. Immer wieder wurde ihm parteiliche Einflussnahme auf die Staatsanwaltschaft in einem Ermittlungsverfahren gegen den hessischen Innenminister Volker Bouffier (CDU) vorgeworfen. CHRISTIAN RATH