LeserInnenbriefe
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Daniel Günthers Luftblasen

betr.: „Rückenwind für Günther“, taz vom 5. 5. 17

Da bin ich doch ziemlich enttäuscht, dass Daniel Günther in seiner Wahlkampfführung so erfolgreich war, dass selbst die taz-Autoren David Joram und Sven-Michael Veit „überzeugt“ werden konnten. Schließlich musste sich Günther in der direkten Konfrontation bei fast allen Kritikpunkten an der Regierung vorhalten lassen, dass ein Großteil der angeblichen Fehler der Küstenkoalition nicht zuletzt verknüpft waren mit Versäumnissen der Koalitionsregierung davor.

Bei einem Faktencheck erweisen sich viele Statements von Günther als Luftblasen. Aber Fakten sind ja im Wahlkampf immer unwichtiger, die Inszenierung zählt. Welch ein Unterschied der Wahlkampf von Bündnis 90/Die Grünen mit vielen Vorschlägen und Wegweisungen, die bei einer Regierung unter Günther auf der Strecke bleiben. Fakt ist, dass Schleswig-Holstein, das ja aufgrund der Schuldensituation immer noch unter einer Zwangsverwaltung steht, seit jeher zu wenig in die Bildung investieren kann und noch Jahre Probleme mit den Schulden aus dem Desaster mit der HSH-Nordbank haben wird, dessen Ursachen inzwischen 20 Jahre zurückliegen. DIETMAR RAUTER, Kronshagen

Kein Vertrauen in den Offizierskorps

betr.: „Die Spitze des Eisbergs“, taz vom 6. 5. 17

Blauäugig zu sein, darf man sich nicht leisten. Das Vertrauen in die Führung der Bundeswehr, in ihren Offizierskorps zuvorderst, ist ein Fehler, ein gehöriger. Die Hitler-Wehrmacht hatte zwar kein Totenkopfabzeichen, aber ihr Handeln hatte millionenfach damit zu tun. Die Tatsache von Kriegsdevotionalien in der Bundeswehr offenbart, dass all die männlichen Vorgänger von Ursula von der Leyen (einschließlich Leitlinien-de-Maizìere) nicht Obacht gaben auf die Mitglieder der Bundeswehr im Hinblick auf ihre Gesinnung. Freilich ist anzunehmen, dass es sich nur um vereinzelte Verirrungen handelt. Die Hypothek Deutschlands ist noch längst nicht getilgt. PETER FINCKH, Ulm

Die bittere Rache der Bundeswehr

betr.: „Mit dem Gestus der Widerstandskämpferin“, taz vom 3. 5. 17

Schön, dass Frau Gaus ins Grundsätzliche geht und an den „Staatsbürger in Uniform“ erinnert. Dass die Bundeswehr seit Jahren im politisch-gesellschaftlichen Kontext die Tonlage „Wir machen unser Ding, ihr macht euer Ding“ angestimmt hat, ist mehr als offenkundig. Die Bundeswehr ist längst ein Staat im Staate. 


Erinnert sei an den „Fall Pfaff“. Major Florian Pfaff hatte im Jahre 2003, sein Gewissen anführend, den Dienst verweigert. Er sah in seiner Arbeit eine Tätigkeit, die den völkerrechtswidrigen Angriff der US-amerikanisch-britischen Koalition auf den Irak unterstützte. Nach seiner Degradierung und versuchten Psychiatrisierung durch die Bundeswehr wurde er mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig im Jahr 2005 voll rehabilitiert. Sein Sichberufen auf das Gewissen wurde im Urteil geradezu als soldatische Grundtugend herausgestellt.

Der Richterspruch wurde international beachtet.
Doch zügig nach dem Urteil begann der „Fall Pfaff – 2. Teil“, dessen Drehbuch die Bundeswehr ganz allein schrieb. Als Erstes erklärte die Bundeswehr in dienstlichen „Hinweisen für Rechtsberater und Rechtslehrer“, dass sinngemäß dieses höchstrichterliche Urteil für die Bundeswehr nicht gelte und Leute mit Gewissen nach bundeswehreigenen Regeln zu behandeln sind.

Und zweitens nahm die Bundeswehr an unserem Freund Florian Pfaff bittere Rache. Über ihn wurde sofort eine Beförderungssperre verhängt, die das Beamtenrecht und die Billigkeit komplett aushebelte. Unter anderem wurden die vorzüglichen Dienstbeurteilungen des Majors zur Makulatur erklärt. Mehrere Prozesse vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht, der letzte im Februar 2013, konnten die schreiende und niederträchtige Ungerechtigkeit nicht abwenden. Es scheint, der Staat Bayern habe sich in dieser Sache freundschaftlich-diplomatisch mit dem Staat Bundeswehr arrangiert.

INGRID und KLAUS SCHITTICH; Freiburg im Breisgau