kurzkritik
: Der Sound der Gelben Seiten

Basstrommel? Die Gelben Seiten Berlin tun’s auch. Der schwedische Free Jazzer und Klang-Performer Sven Åke Johansson bewies es bei seinem „SoundArt“-Konzert im Neuen Museum Weserburg. Geschlagen – klingen sie tief tönend weich. Sind jetzt noch Tom-Toms zur perkussiven Klangproduktion erwünscht, aber nicht vorhanden, wird eine weitere Schwarte Gelbe Seiten aufgeschlagen. Die zwei Telefonbuchhälften bearbeitet Sven Åke Johansson als unterschiedlich hoch gestimmte Trommeln mit den Sticks. Der Kauz des instrumentalen Theaters führt rhythmische Schlagfolgen mit hübscher Präzision vor. Und ironisiert die musikalische Banalität zur Performance- Kunst, feiert den Knistereffekt des Seiteumblätterns und konterkariert seine absurd wirkende Musikalisierung von Alltagsgegenständen mit ernsthaftem Stieren auf ein ominös bepunktetes Notenblatt. Das hat clownesken Witz – und wird im Museumskontext als „SoundArt“ beklatscht.

Johansson beweist, dass in jedem Ding diverse Klänge versteckt sind, die nur befreit werden wollen. So schlägt er klangforschend mit einem Feudel auf zwei Becken, Karton und Holzplatte, befegt sie, schabt, kratzt – und sägt mit dem Cellobogen daran herum. Um die Wette zerren sirenenhaft schrille Frequenzen mit knarzend grollenden Geräuschkoalitionen an den Nerven des Publikums – während durchs Fenster das Signalhörnergeschrei der Schlachte-Schiffe weht. Johansson hat das wunderbar unaufgeregt inszeniert – und mit lautmalerisch rezitiertem Seemannsgarn umwickelt. Spaßkunst, gelungene. Jens Fischer