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: Trainer Rangnick sitzt in der Wagenburg, Manager Assauer offenbar nicht

Auf Schalke hat sich eine sonderbare Posse zwischen Trainer und Manager entwickelt

Manchmal gerät in Vergessenheit, dass die leuchtenden Gestalten des Fußballs auch nur ganz normale Menschen sind, mit guten und mit schlechten Tagen. Schließlich ist dieser Gedanke bedrohlich, denn welcher Schalke-Fan mag sich schon bewusst machen, dass die Geschicke eines fürs Wohlbefinden relevanten Lebensbereiches von launischen, bisweilen irrational entscheidenden und Mitarbeiter nach dem willkürlichen Kriterium der Sympathie auswählenden Leuten gesteuert werden? Auch Journalisten funktionieren oft so. Außerdem lockt speziell in Krisenzeiten das Gefühl der Macht, frei nach dem Motto: „Ich hab’ den Lienen rausgeschrieben.“ Ein solches Gemisch treibt bisweilen merkwürdige Blüten – wie gegenwärtig auf Schalke.

Da wettert Rudi Assauer nach der ersten Saisonniederlage in Eindhoven völlig übertrieben gegen Trainer Ralf Rangnick. Dann spielt ein durchaus erfahrener Sportreporter gleich mehrfach – kann das ein Versehen sein? – auf ein angebliches Alkoholproblem Assauers an. Die Bild-Zeitung wiederum verteidigt den Manager und konstruiert ein paar Tage später die Geschichte von einem Spieleraufstand gegen den Trainer. Was passiert da? Was ist noch Realität und was mediale Fiktion? Haben da ein paar Menschen die Kontrolle verloren? Läuft da eine große Verschwörung gegen Assauer? Oder gegen Rangnick? Und wo bleibt eigentlich der Fußball? Schalke ist doch gar nicht so schlecht!

Am Samstag trat Rangnick nun als vorläufiger Gewinner dieser Posse hervor. Und äußerte sich geheimnisvoll: „Ich habe eine Erklärung“, sagte er lächelnd, „aber die behalte ich für mich.“ Zufrieden stand er in einem Türrahmen des Presseraumes, erzählte, dass sich aus all dem Ärger eine „Wagenburgkonstellation“ ergeben habe; fast wirkte er, als fühle er sich als Sieger dieses merkwürdigen Duells, das sich da seit zwei Wochen zwischen ihm und Assauer abspielt. „Ich habe von meiner Seite aus ein total offenes, direktes Verhältnis zu Rudi Assauer“, sagte Rangnick, wie das allerdings „umgekehrt gesehen wird, kann ich nicht beantworten“ – eine wunderbare Versöhnungsvorlage. Assauer jedoch verstolperte den Pass im „Aktuellen Sportstudio“. Er meinte, man müsse da „unterscheiden zwischen gut und sehr gut“, und dann sei das Verhältnis „gut“. Ernstes Bemühen um Harmonie klingt anders.

Als Außenstehender wird man da ratlos – und neigt dazu, Assauer und die ihm seit jeher wohl gesonnene Bild als Bad Guys zu kategorisieren und Rangnick mit seiner Mannschaft als die Guten. Vielleicht hilft es aber, daran zu erinnern, dass sich unter Rangnick auch an seinem vorigen Arbeitsplatz in Hannover die seltene Konfliktkonstellation Klubführung versus Mannschaft/Trainer entwickelt hat. Ist das wirklich Zufall? DANIEL THEWELEIT