: Frauen sollen Holzschuppen entdecken
Gartenmöblierung Männer haben Hobbykeller, Medienzimmer und Garagen: Nach einem Trend aus den USA sollen Frauen zumindest im Sommer einen Raum für sich haben – im rosa getünchten Gartenhaus
von Jördis Früchtenicht
Mit einem Holzschuppen assoziiert man zunächst den Platz im Garten, an dem Fahrräder und Werkzeug unterkommen. Nun soll es ein Ort werden, an dem sich Frauen selbst verwirklichen können – zumindest, wenn es nach der Werbung geht. „She Shed“, übersetzt in etwa Mädchen-Schuppen, soll das neue Must-Have gestresster Frauen werden. Es handelt sich um einen Raum im Garten, der den Damen des Hauses vorbehalten ist und von diesen nach eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen gestaltet wird.
Dieser Rückzugsort zeigt sich auf den meisten im Internet veröffentlichten Bildern als kleine Holzhütte, ausgestattet mit dicken Teppichen oder auf dem Boden liegenden Kissen, darauf abgestimmten Deko-Elementen und vor allem mit gemütlichen Sitzgelegenheiten in und vor dem Gartenhaus. Es dominieren Pastellfarben und Blumenmuster.
Auf Instagram, dem sozialen Netzwerk zum Teilen von Bildern, gibt es tausende Fotos von liebevoll eingerichteten Gartenhäuschen und zwischendurch von lesenden, Tee trinkenden und Yoga-machenden Frauen oder Staffeleien in diesen Hütten. Auch die „Brigitte“ griff den aus den USA kommenden Trend auf und betitelte einen Artikel zum Thema mit „Diese Frauenhäuser finden wir klasse!“, wobei die eigentliche Bedeutung des Wortes „Frauenhaus“ ausgeblendet wurde.
Die Baumarktkette Hornbach hat bereits klare Vorstellungen, wozu die Gartenhäuser gebraucht werden. In einer Werbung des Unternehmens steht neben dem Modell „Darling“, dass She Sheds „Ich-Zeit-Häuser, Yoga-Höhle, Lese-Insel, Kreativ-Hütte“ sein können. Für gut 1.000 Euro gibt es knapp sechs Quadratmeter Selbstverwirklichung mit Flügeltür. Als Bausatz.
Vorteilhaft gegenüber normalen Gartenhäusern sei die quadratische Fläche und die breite Tür, meint ein Verkäufer im Baumarkt, dem der Trend zunächst unbekannt ist, der sich dann aber verschiedene Modelle am Computer anschaut. und sich schnell eine Meinung bildet. „So erhält man bei geöffneter Tür auf wenig Platz viel Raum. Mit Blick auf die Quadratmeter ist der Preis im Vergleich allerdings recht hoch.“
She Sheds sollen das weibliche Pendant zum Man Cave sein, dem männlichen Rückzugsort in Keller oder Garage (oder einem anderen Raum), in dem Männer ungestört von Partnerin und Familie ihre Hobbys und Freundschaften pflegen können. Auffallend oft haben Frauen kein eigenes Zimmer in der gemeinsamen Wohnung, sondern stecken hinter den Bedürfnissen der anderen Familienmitglieder zurück.
Wie wichtig ein privater Raum ist, stellte bereits Virginia Woolf 1929 in ihrem Essay „Ein Zimmer für sich allein“ fest. Wenn Frauen Bücher schrieben, so Woolf, mussten sie dies im gemeinsamen Raum tun und wurden zudem ständig unterbrochen. Sie resümierte: „Intellektuelle Freiheit hängt von materiellen Dingen ab.“
Virginia Woolf
„Dass Frauen sich zurückziehen können, ist ein schöner Gedanke“, meint Stevie Schmiedel, Geschäftsführerin der Organisation Pinkstinks, die sich gegen Sexismus in der Werbung einsetzt. „Allerdings ist es schlecht, dass die She Sheds mit Klischees besetzt sind, etwa so wie das Ü-Ei für Mädchen.“ Jede Branche betreibe Gender-Marketing, um Produkte für beide Geschlechter interessant zu machen, die zuvor nur für eines der Geschlechter wahrgenommen wurden. „Das verkauft sich“, stellt Schmiedel fest.
Die Hütten von Hornbach, die erst mit Farbe und Inneneinrichtung ihren individuellen Anstrich bekommen, seien bisher zur Hälfte von Männern und zur Hälfte von Frauen gekauft worden, sagt ein Unternehmenssprecher.
Aber vielleicht haben die Männer ihren Partnerinnen auch nur ein Geschenk gemacht. Zumindest im Sommer sollen sie auch mal ein Plätzchen nur für sich haben dürfen.
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