Grundsatzkritik
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Wie viel Panter steckt noch in der taz?

betr.: „Grundlegend kritische Leserbriefe der taz“, taz seit 2017

in der letzten Zeit veröffentlicht ihr immer wieder Leserbriefe, die auf einer sehr grundlegenden Ebene kritisch sind. Das Gefühl, Die Zeit in der Hand zu haben, der Trend zur „Homestory“ oder der stark an Erfahrungsberichte gemahnende Charakter mancher journalistischer Stücke stehen am Pranger. Das Übermaß an Bildmaterial, das nur in wenigen Fällen inhaltlich zuträglich ist, die Sinnlosigkeit von Rubriken wie „Der stärkste Satz“, „Stolz und Vorurteil“ oder „Durch die Woche mit“ sowie die in den Vordergrund gestellten (oder sich stellenden) Autorinnen und Autoren lässt die analytischen Beißwerkzeuge des Mediums abstumpfen – ebenso wie die Gedanken der Leserschaft.

Die Ich-Perspektive ist eine gemütliche. Sie macht unangreifbar. Sie verhindert die Entstehung eines kritischen Diskurses. Ihr vermeintlicher Enthüllungs- und Offenbarungscharakter (Sex! Golf! Angst!) vernebelt sich im Fokus auf eine einzige Quelle. Der Ausgangspunkt des Schreibens und Denkens, des Sehens und Deutens ist immer das Ich. Wenn es auch der Endpunkt ist, braucht es keine Zeitung mehr. Die Regression der Gesellschaft ist vollbracht.

Der Boulevard hingegen war noch nie gut oder schlecht. Die größten Journalisten und Theoretiker schöpften unendliche Schätze daraus. Wenn die Schöpfwerkzeuge nicht feinmaschig genug sind, erhält man aber nur den Sumpf des Oberflächlichen. Es entstehen Scheindebatten statt Hintergrundanalysen, lautes Rufen statt angeregter Unterhaltung. Mit Bildern und Layout Lautstärke produzieren, mit Portrait-Aufnahmen der AutorInnen einfache kognitive Reize ansprechen und dabei der eigentlichen Substanz das Wasser abgraben mag Abo-Kündigungen verhindern. Es führt sicher nicht zu einer mündigen Öffentlichkeit.

Auf populistische Tendenzen mit solchen populären Maßnahmen zu reagieren, ist halsbrecherisch. Unter dem Schafspelz ist nur noch ein Schaf. Der Panther, der diejenigen gesellschaftlichen Verhältnisse durchstreift, die populistische Strukturen entstehen lassen, stirbt aus. Es ist nicht eine Firma für Funktionskleidung, die das Recht, die tazze zu tragen, anficht, sondern die taz selbst, die dieses Recht verwirkt.

PABLO V. FRANKENBERG, Berlin

Die Funktion unserer Textilien ändern

betr.: „Schrittchen hier, Roadmaps da“, taz vom 23. 4. 17

Es wird gerecht, wenn wir für weniger Textilien mehr bezahlen; dazu müssten wir auf unbekannte Marken zurückgreifen. Dann dürfen wir uns vom Konsumstress entspannen, und die Arbeiterinnen in Bangladesh erhalten ein menschenwürdiges Einkommen. ANNETTE WEBER, Heusenstamm