Porträt: Der Spätstarter von St. Pauli
Seine Tore bedeuteten den Klassenerhalt. Als der FC St. Pauli am Freitagabend mit einem 2:1 beim 1 FC. Kaiserslautern das Abstiegsgespenst endgültig verscheuchte, war Aziz Bouhaddouz der Matchwinner. Wieder einmal. Den Führungstreffer zum 1:0 erzielte er selbst per Kopf, beim 2:0 legte er per Doppelpass Christopher Buchtmann den Ball so mustergültig in den Lauf, dass dieser keine Probleme hatte, zu vollenden. Zwei Wochen vor Saisonende kann der FC St. Pauli nun sicher für ein weiteres Jahr Zweite Liga planen.
Dass der Verein vom Millerntor nach desaströser Hin- eine berauschende Rückrunde spielte, die ihn nun erstmals in der erste Tabellenhälfte führt, wäre ohne die Vorlagen und Tore des Sohns marokkanischer Einwanderer nicht möglich gewesen. Vergangenen Sommer aus Sandhausen an den Hamburger Kiez gewechselt, traf der 30-Jährige seit Beginn dieses Jahres zehn Mal in zwölf Partien ins gegnerische Netz – kein anderer Stürmer der Liga erzielte in diesem Zeitraum mehr Tore. Die Gebete, die der gläubige Moslem vor jeder Partie vom grünen Rasen aus gen Himmel sendet, wurden in den vergangenen Monaten fast immer erhört.
Bouhaddouz ist noch zwei Jahre am Millerntor unter Vertrag. Ob er tatsächlich so lange in Hamburg bleibt, steht in den Sternen. Längst hat seine Torflut auch Begehrlichkeiten in der ersten Liga geweckt. So soll etwa Bundesliga-Absteiger SV Darmstadt 98 ein gesteigertes Interesse an dem Marokkaner haben. Allein dessen Geburtsdatum lässt einige Erstligisten noch zögern und zaudern. Denn erst spät konnte sich der 1,88 Meter große Verteidiger im Profifußball etablieren, nun, mit 30, in einem Alter, in dem andere Profis langsam anfangen, über ihr Karriereende nachzudenken, entwickeln sich seine Qualitäten erst zu voller Blüte.
„Ich bin im besten Profialter“. Bouhaddouz sieht selbst kein Problem mit seiner schwindenden Jugend – und seine Leistungen geben ihm Recht. Sie führten dazu, dass er sich im vergangenen Jahr auch seinen Kindheitstraum erfüllte, für sein Heimatland zu spielen. Inzwischen ist er im Nationalteam von Marokko eine feste Größe und trifft auch dort.
15 Mal wurde Bouhaddouz in dieser Saison für den FC St. Pauli eingesetzt und ist damit in Reichweite zu Ex-St.-Pauli-Stürmer Daniel Ginczek, der vor vier Jahren 18 Mal traf. Ginczek wechselte nach seiner Erfolgssaison in die 1. Bundesliga. Bei Bouhaddouz hoffen die Verantwortlichen des FC St. Pauli, das zu verhindern. Denn nachdem der Verein in der Rückrunde auf dem Relegationsplatz steht, gibt es einen anderen Plan. Bouhaddouz soll erst kommendes Jahr in die Eliteklasse aufsteigen. Mit dem FC. St. Pauli. MAC
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