Mühlen der WASG-Justiz mahlen langsam

Auch knapp zwei Monate nach der Ankündigung von Parteiordnungsverfahren haben die WASG-Rebellen noch nichts von der Parteijustiz gehört: „Die haben das wohl fallengelassen.“ Linksbündnisgegner im Leverkusener Kreis uneins

DÜSSELDORF taz ■ Mit der Aburteilung ihres parteiinternen Widerstands lässt sich die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) Zeit. Auch Wochen nach der Ankündigung von Parteiordnungsverfahren gegen drei WASG-Mitglieder haben die Dissidenten noch keine Nachricht von der Parteijustiz. „Die haben das wohl fallengelassen“, so Merav Blumenthal-Atak, eine der drei Beschuldigten. Die Vorwürfe der Parteispitze seien ohnehin „unbegründet“. Ein WASG-Bundessprecher konnte gestern auf taz-Anfrage keine genaue Auskunft zum aktuellen Stand des Streits geben. Die Verfahren würden von der Bundesschiedskommission weiter verfolgt, weil die Landesschiedskommission derzei nicht „arbeitsfähig“ sei, sagte Katharina Schwabedissen, Landeschefin der WASG.

Bereits Anfang August war die Wahlalternative mit der Androhung von Parteiausschlussverfahren gegen Mitglieder des „Leverkusener Kreises“ – jenes WASG-Widerstandszirkels, der für mehr Basisdemokratie in der Kleinpartei kämpft und das Linksbündnis mit der Linkspartei.PDS kritisiert – an die Öffentlichkeit gegangen. Hintergrund der geplanten Sanktion seien Vorwürfe des Kreises gegen Hüseyin Aydin. Dem früheren WASG-Landessprecher und jetzigen Bundestagsabgeordneten war Missmanagement im NRW-Landtagswahlkampf unterstellt worden. Blumenthal hatte in einem Fax an den Staatsschutz auf finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der WASG hingewiesen.

Ende August dann hatte der Landesvorstand der WASG die Einleitung von Parteiordnungsverfahren gegen Merav Blumenthal-Atak, Matthias Fiege und Markus Schlegel – allesamt Aktivisten im Leverkusener Kreis – beantragt (taz berichtete). Schlegel habe „durch gezielte falsche Behauptungen Vorstandsmitglieder der WASG NRW krimineller Handlungen bezichtigt“, so der Vorwurf. Dem Bonner Matthias Fiege wurde vorgeworfen, eine Konkurrenzorganisation von der WASG abzuspalten.

Auch Fiege hat bislang laut eigener Aussage noch keine Post von den WASG-Gerichten erhalten: „Ich habe nur einmal eine Email von einem Landesvorstandsmitglied bekommen, ich sollte mich zu den Vorwürfen äußern.“ Fiege reagierte jedoch nicht. Statt dessen bereitet er mit einigen Mitstreitern nun tatsächlich die Neugründung einer Partei vor. „Die WASG scheint nicht reformierbar zu sein.“ Die Mehrheit der „Leverkusener“ will aber in der WASG bleiben. Markus Schlegel wartet ab, wie der Landesvorstand weiter vorgeht: „Dass nach den massiven öffentlichen Vorverurteilungen noch immer nichts geschieht, hat schon etwas Possenhaftes.“

Der Rest der WASG-Basis freut sich derweil über den Bundestagseinzug der Linkspartei. Das Bündnis mit der Ex-PDS funktioniert in den meisten NRW-Städten gut. Umstritten ist bei den WASG-Kreisverbänden allerdings, wie schnell die Fusion mit den Sozialisten erfolgen soll. „Wir sollten uns nicht auf den Aufbau der WASG konzentrieren, sondern weiter an einem breiten Bündnis arbeiten“, sagt der bisherige Essener WASG-Chef Wim Ehlers, der von seinem Vorstandsposten zurückgetreten ist, weil er „keine Lust auf Flügelkämpfe hat“. Er fordert mehr Mut und weniger Vereinsmeierei bei der WASG. „Wir haben einen klaren Wählerauftrag für eine starke linke Kraft“, sagt Ehlers. PDS und WASG in Essen drücken dabei aufs Tempo. Alle ein bis zwei Monate sollen künftig gemeinsame Mitgliederversammlungen abhalten werden. Andere Basisvertreter sind vorsichtiger und wollen der Politallianz Zeit geben. So sagt der Mülheimer WASG-Sprecher Jürgen Soppa: „Wir wollen erreichen, das das Projekt einer breiten sozialen Bewegung strukturiert vorbereitet wird. Das geht nicht übers Knie gebrochen.“ MARTIN TEIGELER