Braunkohle-Befürworter angezählt

ENERGIE Die schwedische Regierung stoppt Vattenfalls Netzverkaufs- und Atompläne und übt massive Kritik an der Konzernführung. Vorstandschef Lars G. Josefsson übt sich in Demut und gelobt Besserung

STOCKHOLM taz | Die schwedische Regierung hat Pläne des Energiekonzerns Vattenfall gestoppt, sein einheimisches Netz zu verkaufen, um Kapital für den Einstieg in britische Atomstromproduktion freizumachen. Zugleich kritisierte Wirtschaftsministerin Maud Olofsson die Konzernführung: Sie habe das Staatsunternehmen in eine Krise geführt, die ständigen Sicherheitsprobleme in deutschen und schwedischen AKW untergräben das Vertrauen in den Konzern.

Auslöser war das Bekanntwerden interner Konzernpapiere, wonach Vattenfall möglichst noch in diesem Jahr sein schwedisches Stromnetz verkaufen wollte, um 5 Milliarden Euro in die Kasse zu bekommen. Anders als bei seinem deutschen Netz, dessen Verkauf Vattenfall offiziell angekündigt hat, geht es dabei nicht um die großen Überlandleitungen – diese gehören in Schweden der staatlichen Netzgesellschaft Svenska Kraftnät –, sondern um Regional- und Lokalnetze. Mit denen versorgt Vattenfall etwa ein Viertel der schwedischen EndverbraucherInnen.

Gegen die Privatisierung protestierten nicht nur Opposition und Gewerkschaften, auch in der konservativ-liberalen Regierung macht sich Unmut breit. Vattenfall-Konzernchef Lars G. Josefsson wurde immer mehr zur Zielscheibe. Die Ausdehnung der Vattenfall-Geschäfte nach Deutschland und Polen, die ihm den Spitznamen „Braunkohlen-Josef“ einbrachten, werden rückblickend zunehmend als falsche Weichenstellung kritisiert. Schweden möchte gerne grünes Vorbild sein. Dazu passt Vattenfall als Betreiber von einigen der größten europäischen Dreckschleudern so gar nicht.

Am Donnerstag übernahm Josefsson als Konzernchef die Verantwortung für die Vertrauenskrise – und gelobte Besserung. So ähnlich klang er auch schon nach dem Beinahe-GAU im AKW Forsmark und der Krümmel-Pannenserie. REINHARD WOLFF