Bürger unter Strom

Der Stromkonzern E.on will Hochspannungsleitungen bauen – die Anwohner aber gehen auf die Barrikaden

Der Strom-Multi E.on kennt sich mittlerweile aus mit Widerständen – jedenfalls mit denen der Bürger, wenn es um den Neubau einer Hochspannungsleitung geht. Zwischen Breklum (Kreis Nordfriesland) und dem Knotenpunkt Flensburg will der Energiemulti eine Freileitung bauen, ebenso wie zwischen Ganderkesee (Kreis Oldenburg) und Sankt Hülfe bei Diepholz und in beiden Fällen gehen die AnwohnerInnen auf die Barrikaden: Statt der Strommasten fordern sie Erdkabel.

Die E.on-Pläne für die 60-Kilometer-Distanz zwischen Ganderkesee und Sankt Hülfe würden 60 Meter hohe Strommasten mit teilweise weniger als 40 Metern Abstand zu Wohnhäusern, Elektrosmog, ein verbautes Landschaftsbild und potenzielle weitere Trassen bedeuten, so die Befürchtungen der Interessengemeinschaft „Vorsicht Hochspannung“. E.on hingegen will Freileitungen, weil die deutlich billiger sind als Erdkabel.

Also hat das Land Niedersachsen erstmal ein Gutachten bei der Uni Hannover in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Erdkabel sind 2,2 mal teuerer als Freileitungen – zuvor, so die Grünen, sei immer der Faktor acht bis zehn im Gespräch gewesen. Und: „Auch im vorgelegten Gutachten sind einige Faktoren, die die Freileitung teuerer und das Erdkabel günstiger machen noch nicht berücksichtigt“, so Hans-Joachim Janßen, energiepolitischer Sprecher der Grünen.

Trotzdem möchte der Energiekonzern E.on die 380.000-Volt-Leitung in Niedersachsen so schnell wie möglich bauen. „Wir brauchen sie schon für die erzeugte Windenergie an Land. Nur so kann der Strom dorthin gebracht werden, wo er gebraucht wird – in Ballungsgebiete.“ sagt Anja Chales de Beaulieu von der E.on Netz GmbH. Auf die Proteste der Anwohner hat E.on mit einer neuen Routenplanung für die Trasse reagiert und damit das Verfahren verlängert: Eine Entscheidung über eine Baugenehmigung gebe es frühestens 2006, so Dominik Mayer vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium. Und auch dann bleibt abzuwarten, ob die Anwohner ihre Flächen für einen potentiellen Bau freiwillig zur Verfügung stellen – Enteignungsverfahren würden noch einmal Zeit kosten. kli