Berliner Szenen
: Opfer für den Lieblingsclub

Fernsehen

Selbst im Bett kann man das Bild gut erkennen

Und jetzt hab ich ja auch kein Fernsehen mehr, hatte ich gesagt und dass ich mir einen Kabelanschluss kaufen werde, wenn Geld vom Jobcenter kommt. Und sie hatte gesagt, das wäre hinausgeworfenes Geld und würde bestimmt über 100 Euro im Jahr kosten, während man für den Receiver nur einmal 60 Euro bezahlen müsste. – Ich würde aber so gern mal wieder BBC oder CNN sehen. Es gibt ja nur noch deutschsprachige Sender im terrestrischen Fernsehen, und Privatfernsehen gibt es terrestrisch ja auch bald nicht mehr und gerade für mich als Schreiber wäre das wichtig, und außerdem hätte ich mich noch nicht entschieden.

Und war dann aber doch eine halbe Stunde später entschlossen Richtung Conrad gegangen, weil ich das Fußballspiel meiner Lieblingsmannschaft am Abend so gerne in einem richtigen Fernseher gucken wollte.

Das Geld, das ich für den Receiver ausgeben würde, war das Opfer, das ich meinem Lieblingsverein bringen wollte. Wie bei jedem Opfer ist auch Betrug darin – denn in Wirklichkeit freute ich mich ja schon darauf, nach einem Monat ohne wieder richtig fernsehen zu können.

Kurz nach dem Südstern traf ich N. Er ist Filmemacher, aber ihm fehlt leider das Geld, seinen Film über Proteste in Griechenland fertigzustellen. Er ist auch beim Jobcenter. Und wenn der Film dann endlich hoffentlich rauskommt, wird er nicht mehr die Gegenwart, sondern eine Erinnerung beschreiben.

Bei Conrad hatte ich ein wenig Angst, dass meine Karte die Zahlung verweigern würde, es ging aber. Nun bin ich ganz glücklich über „mein“ neues Fernsehen. Zuvor hatte ich gar nicht gewusst, wie schlecht mein Bild gewesen war; das schlechte Bild aber hatte dazu geführt, dass ich kaum noch Fernsehen guckte. Das wird sich ändern. Selbst im Bett kann man das Bild gut erkennen. Freudig schaue ich in die Zukunft. Detlef Kuhlbrodt