Freunde fremden Geläufs

AUSWÄRTSMEISTER Der rätselhafte VfB Stuttgart wundert sich über seine Fähigkeit, auf des Gegners Plätzen zu punkten

AUS MÖNCHENGLADBACH ANDREAS MORBACH

Sven Ulreich trabte entspannt durch die Kellerflure im Borussia-Park, als er mit der sporthistorischen Note konfrontiert wurde. Der 14. Schwabenstreich in Mönchengladbach war dem VfB-Keeper und seinen Spielkameraden mit dem 2:1 bei der Borussia gerade geglückt. Eine schlimmere Heimbilanz weisen die Gladbacher gegen keinen anderen Verein auf. „Ich wusste gar nicht, dass wir deren Angstgegner sind“, staunte der Ballfänger, der sein frisches Wissen aber rasch verarbeitete und spontan erklärte: „Das kann so bleiben.“

VfB-Sportdirektor Fredi Bobic („Es hat wenig Wert, so eine Statistik den Spielern vorher zu verklickern“) mag frühere Meriten ohnehin nicht überstrapazieren. Viel spannender finden es die Berg-und-Tal-Fahrer aus dem Ländle, ihre Gegenwart zu begreifen. Das ist gar nicht so einfach: 11 ihrer 16 Punkte hat die Mannschaft von Bruno Labbadia auf fremdem Geläuf geholt. Nicht zu vergessen die Europa League, wo der einzige Sieg beim 2:0 in Kopenhagen gelang. Für Donnerstag, wenn die Stuttgarter mit einem Erfolg in Bukarest einen großen Schritt Richtung Zwischenrunde machen können, ist das eine aufmunternde Kunde. Doch die Verwunderung über sich selbst bleibt.

Klar, der Dreier von Gladbach sei, befand Labbadia, „eine gute Reaktion nach der doofen Niederlage gegen Hannover“ gewesen. Da hatten seine VfBler ein hübsches 2:0 in ein hässliches 2:4 verwandelt – zu Hause, was den Trainer weiterhin verwirrte. „Wir treten ja auswärts nicht anders auf“, grübelte Labbadia, der die schwer ergründbaren Schwankungen letztlich pragmatisch zur Kenntnis nahm: „Wo man die Punkte holt, ist auch egal.“

Torschütze Martin Harnik, der Borussias frühe Führung durch Martin Stranzl (7.) bereits eine Minute später per Kopf egalisierte, ist ebenfalls kein Freund ausufernder Interpretationen. Vier Tore hat er in dieser Saison erzielt, alle vier in fremden Stadien – wozu dem gebürtigen Hamburger aber nur lapidar einfiel: „Wir haben auswärts eine gute Phase – und man sollte nicht jede gute Phase hinterfragen.“ Schon gar nicht, wenn man die neuesten Auswärtszähler dem Bein eines Gegners zu verdanken hat.

In diesem sehr speziellen Fall erfreuten sich die Schwaben am rechten Schienbein des Gladbachers Roel Brouwers. Der sprang in der 72.Minute mit Feuereifer in eine Flanke von VfB-Mann Zdravko Kuzmanovic. Mit ausgestrecktem Bein – und mit Folgen. Statt ins Nichts segelte der Ball über Schlussmann Marc-André ter Stegen hinweg an die Unterkante der Latte, von dort ins Tor – sodass Eigentorschütze Brouwers betrübt feststellen musste: „Sieht scheiße aus.“