Mein Name ist Hase …

Nachhilfe Wenn in diesen Tagen landesweit das österliche Brauchtum gepflegt wird, wissen die BerlinerInnen mal wieder von nichts. Es wird getanzt, geschlemmt, gesoffen, und auf den Ostermarsch geht auch kaum noch jemand. Außerdem: Können Sie einen Großstadthasen von einem Großstadtkaninchen unterscheiden? Wir schon! Zeit für eine kleine taz-Osterkunde

Ob dieser Hase aus Lichtenberg kommt? Foto: imago

Die Geschichte mit dem Kreuz

Die Kanzlerin hat in der Flüchtlingskrise 2015 mal sinngemäß auf die Frage gesagt, ob nun nicht durch den Zuzug Kultur und Brauchtum in Gefahr seien, man könnte ja mal eine Umfrage machen, was denn eigentlich Pfingsten sei, und würde schnell merken, dass es da mit der Kenntnis nicht weit her sei.

Bei Ostern wäre das schon einfacher als an Pfingsten – das Kreuz mit dem Corpus ist ja ziemlich konkret und erzählt ja schon die halbe Geschichte: Da stirbt also einer auf ziemlich grausame Art. Trotzdem hier, was man sonst noch wissen sollte: Dieser eine ist Jesus, der sich als Sohn Gottes bezeichnet, nach drei Jahren des Predigens nach Jerusalem kommt, genau am Palmsonntag – vergangenes Wochenende also – und dort am Gründonnerstag, also heute, seinen letzten Abend in Freiheit verbringt. Da isst und trinkt er mit seinen Begleitern, die Jünger genannt werden – es ist das letzte Abendmahl, das später unter anderem da Vinci malen wird. Danach wird er in einem Garten namens Gethsemane, verraten von Judas, einem seiner Jünger – woher das Wort „Judaslohn“ stammt – verhaftet und vom römischen Statthalter Pontius „Ich wasche meine Hände in Unschuld“ Pilatus zum Tod verurteilt.

Am nächsten Tag, dem Karfreitag – „Kar“ ist althochdeutsch für Kummer oder Trauer –, muss er sein eigenes Kreuz auf den Hügel Golgotha schleppen und stirbt dort. Am Sonntag darauf aber ist die Grabhöhle, in die man ihn gelegt hat, leer, und Jünger berichten, ihn gesehen zu haben. Dabei entsteht auch das Sprachbild vom „ungläubigen Thomas“, weil einer seiner Anhänger der ersten Schilderungen von der Auferstehung nicht glauben mag und erst umdenkt, als er Jesus dann auch selbst sieht. Den Montag prägt eine Wanderung zweier trauernder Anhänger von Jerusalem nach Emmaus, bei der ihnen Jesus ebenfalls erscheint.

Stefan Alberti

Fasten für Weicheier

In der Nacht vom Karsamstag auf den Ostersonntag endet die christliche Fastenzeit. Ein Thema, wie gemacht für Gespräche mit Muslimen, die mal Gemeinsamkeiten statt Unterschiede betonen. „Oh, Ihr fastet gleich 40 Tage?!“, staunt ein recht frisch aus Syrien eingewanderter muslimischer Freund über so viel religiöse Ergebenheit: 40 Tage zwischen Sonnenaufgang und -untergang nichts essen und trinken!

Da geht’s schon los: „Ihr“, nun ja – zum Ersten gehört in Berlin nur etwa jedeR Vierte einer der zwei großen Christengemeinschaften an. Und zum Zweiten gehen die deutschen ChristInnen ihr Fasten, sagen wir: etwas weniger muslimisch an. Man solle freitags kein Fleisch und ansonsten täglich „nur eine volle Mahlzeit und je zwei kleinere Stärkungen zu sich nehmen“, heißt es auf der Webseite der katholischen Kirche. „Dreimal täglich essen in der Fastenzeit?“, staunt der muslimische Freund.

Doch halt: Empfohlen wird zudem, auf etwas zu verzichten, das man besonders mag. „Bestimmt Sex, wie bei uns“, freut sich der Muslim über eine weitere Gemeinsamkeit. Aber nein: Schokolade, Alkohol oder Autofahren, schlägt „katholisch.de“ vor. Der Syrer staunt: Fasten mit drei Mahlzeiten am Tag, Verzicht auf Autofahren, aber Sex ist erlaubt? Nun ja, das ist eben auch wieder so eine Sache, muss man nun erklären, denn den mag die katholische Kirche ja grundsätzlich nicht so gern – er ist mehr lästige Pflicht und sowieso nur zu Fortpflanzungszwecken erlaubt. Gar nicht so einfach, dieser interreligiöse Dialog …

Alke Wierth

Das Berliner Tanzbein

Wer mal so richtig Ostern feiern will, muss das Feiern natürlich sein lassen. Trauern muss er vielmehr, und weil das nicht jedermanns und jederfraus Sache ist, hat die Bundesrepublik an den sogenannten „stillen Tagen“ ein Tanzverbot verhängt. Wie das aber im Föderalismus so ist, dürfen die Bundesländer selbst bestimmen, wie viel Trauer und wie viel Tanz den Schäflein zuzumuten ist.

Ganz besonders schlimm trifft es die Hessen. Dort ist gleich an 15 Tagen Tanzverbot. Das Land vom Äppelwoi als Spaßbremse. Am liberalsten ist Berlin. Hier darf nur dreimal nicht das Tanzbein geschwungen werden: am Totensonntag, am Volkstrauertag und am Karfreitag. Weil die Berliner Politik aber weiß, dass Berlin ohne Touristen so erfolgreich wäre wie Jesus ohne Kreuz, ist das Tanzverbot auf die eher clubuntauglichen Stunden zwischen vier Uhr morgens und 21 Uhr abends beschränkt. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat gar mitgeteilt: „Das Ordnungsamt wird erfahrungsgemäß nur selten mit Verstößen gegen das Verbot konfrontiert.“ Ein Verstoß müsse angezeigt und von der Polizei als Ordnungswidrigkeit bestätigt werden. „Zumindest gehäuft wird dies nicht vorkommen.“ Na dann, lieber tanzen als Ostern feiern. Natürlich in Berlin! Uwe Rada

Die Friedenstaube fliegen lassen

Und sie gibt es immer noch, die Ostermarschierer der Friedensbewegung. Seit den 1960er Jahren dient ihnen das Osterwochenende als Anlass, um gegen Krieg und Atomwaffen sowie für Abrüstung auf die Straße zu gehen. 80 Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen sind deutschlandweit auch dieses Jahr geplant, doch die erfolgreichen Zeiten liegen – nicht nur in Berlin – lange zurück.

Knapp 2.000 Menschen beteiligten sich 2016 an der Aktion der Friedenskoordination Berlin. Der Charakter der Veranstaltung unter der weißen Friedenstaube ist schnarchig, der Anlass gibt Zweifel auf: wieso an einem christlichen Fest für den Frieden demonstrieren? Gott hat noch keinen Krieg verhindert. Dennoch wird es am Samstag ab 12 Uhr am Kaiser-Wilhelm-Platz heißen: „Wir brauchen Frieden und Völkerverständigung.“ Immer bereit, möchte man hinzufügen. Denn: Was spräche dagegen, angesichts der Weltlage mal wieder auf die Straße zu gehen?

Erik Peter

15 Hasen pro Quadratkilometer

Wer in Berlin einen echten Osterhasen sehen will, muss in den Osten fahren: Eine „vitale städtische Hasenpopulation“ gebe es mittlerweile in Berlin, sagt der Biologe Konstantin Börner vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, und zwar vor allem in den mit großen Grünflächen durchsetzten Plattenbaugebieten der Stadt. Auf bis zu 15 Tiere pro Quadratkilometer schätzt Börner den Bestand. Dass sich die Tiere so weit in die Stadt vorwagen, sei ein neues Phänomen, die Stadthasen würden sich dabei als erstaunlich anpassungsfähig erweisen. Neues Phänomen? Hat es in den Parks der Stadt nicht schon immer gehoppelt? Nein! Denn das waren wahrscheinlich keine Hasen, sondern Kaninchen. Die sind kleiner, haben kürzere Ohren und Hinterläufe als ihre Verwandten. Und sie graben sich einen Bau, während Hasen auf Bodenmulden angewiesen sind, und solche Senken gibt es in Berlins Plattenbausiedlungen offenbar genug. Malene Gürgen (mit dpa)