LESERINNENBRIEFE
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Antiveganer Vorwurf

betr.: „Die Schnitzeljagd“, taz vom 28. 3. 17

Ist es missionarisch zu fordern, dass es in Uni-Mensen etwa oder bei der Deutschen Bahn zusätzlich Kaffee aus „fairem Handel“ geben soll? Was, wenn dieser sogar teurer ist und vom Studentenwerk oder durch die Zugtickets quersubentioniert würde? Was, wenn gefordert wird, dass es dort nur noch „fairen“ Kaffee geben soll? Woher kommt es, dass „vegan“ so häufig als „missionarisch“ diskreditiert wird, auch wenn wie beim Bürgerbegehren niemand „missioniert“ werden soll, sondern lediglich der viel gepriesenen „Diversity“ auch im kulinarischen Bereich nachgekommen werden soll? Handelt es sich hierbei vielleicht um eine Abwehrstrategie eines schlechten Gewissens ob der Grausamkeit und Umweltzerstörung, die durch die Produktion tierischer „Lebensmittel“ verursacht wird?

Sie finden also, dass die Steuerzahlenden ungebührlicherweise das vegane Menü mittragen müssten, sollte es kommen und sollte sich die Berechnung als korrekt herausstellen? Haben Sie sich schon mal Gedanken dazu gemacht, dass Steuerzahlende aktuell nicht nur die Tierproduktmenüs mittragen, sondern die komplette tierausnutzende Landwirtschaft, auch wenn Ausbeutung und Töten von Tieren ihre ethischen Grundsätze verletzt? Dabei geht es hier nur um Geld. Dass die Gesundheit von Menschen, inklusive die vegan lebenden, durch Feinstaub, Grundwasserbelastung und Treibhausgasen aus der Tierhaltung gefährdet wird, wiegt hier schwerer als Geld. Von den grausamen und zerstörerischen Auswirkungen auf unsere Mitlebewesen ganz zu schweigen. Ich verstehe, dass es in einem Pro-Contra-Format auch ein Contra geben muss, und Kritik gibt es sicher auch an diesem Bürgerbegehren: Es könnte neben veganen Menüs ökologische, faire und regionale Zutaten fordern. Es könnte fordern, dass das Menü auch halal und wenn möglich koscher und anderen Speisekonzepten gegenüber sensibel sein soll. Es könnte eine bessere finanzielle Ausstattung der Verpflegungsbudgets fordern, gerade für die Schulen, wo oft von geradezu ungenießbaren Speisen zu hören ist. Anstatt dessen den antiveganen Missionierungsvorwurf zu bemühen, ist nicht nur ermüdend, sondern eine verpasste Chance, diese Themen auf den Tisch zu bringen. JOHANNES STIEGLER, Berlin

Berliner Possen

betr.: „Vorbild Panzerknacker“, taz vom 1. 4. 17

Als die Meldung vom Diebstahl der Goldmünze aus dem Bode-Museum die Runde machte, dachte ich erst, es ist ein vorgezogener Aprilscherz. Was haben wir denn da für ein seltsames Personal auch noch bei den Berliner Museen? Wie kann es sein, dass bei diesem Diebstahl kein Bewegungsmelder, keine Alarmanlage, kein Wachpersonal aktiviert wurde? Kennt die Museumsleitung ihr Haus so wenig, dass sie Fenster vergisst, über die Diebe einsteigen könnten? Werden demnächst babylonische Reliefs, griechische Statuen oder gar die Nofretete gestohlen werden können, um sie in ihre Heimat zurück zu bringen?

Man kann in unserer Stadt am Dilettantismus der Amtsträger in Politik und Verwaltung nur noch verzweifeln. Der Flughafen – eine Posse für die sich die ganze Stadt schämt und für die wir alle ordentlich zahlen. Die Staatsoper, ein Baudrama in vielen Akten und ein Fass ohne Boden für unser Steuergeld. Die neue U-Bahn in der Innenstadt, seit mehr als 20 Jahren „flaniert“ man zwischen Alex und Brandenburger Tor durch eine riesige Baustelle und ein Ende ist nicht abzusehen.

Als vor Wochen der rbb über die nicht funktionierenden Türen und die Sprinkleranlage berichtete, schlug ich dem Sender vor zu recherchieren, ob die betreffenden verantwortlichen Firmen für diese Pfuscharbeit bezahlt wurden oder in Regress genommen wurden. Leider konnte dazu keine Aussage getroffen werden.

Die Verkehrsverwaltung scheint mir auch in Sphären zu schweben, die jenseits aller Realität sind. Oder wie soll man sonst die Maßnahmen verstehen, die die Radfahrer so sehr begünstigen? Tempo 30, breitere Radwege, extra Radspuren – das ist alles schön und gut. Aber macht sich die Senatsverwaltung keine Gedanken darüber, wo die Autos dann langfahren sollen und wie die Luftverschmutzung sich verringern soll? Vielleicht sollte sich ein Staatssekretär oder gar der zuständige Senator einen freien Tag nehmen und mal das lustige Treiben der Radfahrer in der Frankfurter Allee oder am Alexanderplatz in Augenschein nehmen. Und wo bleibt die Lobby für die Fußgänger?

Und von einer starken, die Mieter unserer Stadt schützenden Wohnungspolitik nach der Wahl ist auch nichts zu merken. Stattdessen wurde uns die Posse um den Staatssekretär aufgeführt, der Zuständigkeitswirrwar zwischen Senat und Bezirken feiert weiter fröhliche Urstände und die Haus- und Grundbesitzer können ihre Geldvermehrung feiern. RUDOLF SCHLEHAHN, Berlin