LeserInnenbriefe
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Langsamer wäre kein Untergang

betr.: „Die Zukunft schwimmt im Mittelmeer“, taz.nord vom 7. 4. 17

Wenn das Wachstum an der Elbe etwas langsamer ist, wäre das ja kein Untergang, sondern eine weiterhin positive Entwicklung. Der Druck vor 15 Jahren war auch nicht sinnvoller. Man denke nur an die daraus entstandenen Fehlplanungen wie den Jade-Weser-Port. Da können Hamburg und Bremerhaven peu a peu ihre Kapazitäten ausbauen und sich den zukünftigen Ansprüchen stellen, z.B. durch die Flächenumwidmung in Moorburg. Gleichzeitig sollte man nicht nur auf die maritime Branche schauen bzw. setzen. Im Gegenzug könnte der Hafen auf den Kleinen Grasbrook verzichten. Pläne für eine kompakte, nachhaltige Wohnungsmischung sowie Ausbau des ÖPNV (U4 über den Grasbrook bis ins Reiherstiegviertel, zum Wilhelmsburger Rathaus und nach Kirchdorf Süd) liegen ja schon vor. Oder glaubt irgendwer, die Ablehnung der Hamburger gegenüber Olympia lag ausgerechnet an den Plänen für (sozialen) Wohnungsbau und eine bessere Schienenanbindung für benachteiligte Viertel südlich der Elbe? VERKEHRSFRITZE, taz.de

Einfache Lösung

betr.: „Im Wollepark fließt das Wasser wieder“, taz.nord vom 6. 4. 17

Warum kündigen die Stadtwerke nicht die Verträge mit dem Vermieter und machen anschließend ganz normaler Wasser- und Gaslieferverträge direkt mit den Bewohnern? Es scheint, man will das Problem gar nicht lösen, sondern vor allem die Bewohner loswerden. TAE EZR, taz.de

100 Kilometer in die Disco

betr.: „100 Kilometer für eine Abtreibung“, taz.nord vom 4. 4. 17

100 Kilometer für die kostenfreie Abtreibung? Und wo ist das Problem? 100 Kilometer in die Disco sind ja auch kein Problem.

JOE BROTHER I.A., taz.de

Zurück zur „Engelmacherin“?

betr.: „100 Kilometer für eine Abtreibung“, taz.nord vom 4. 4. 17

Das Gesundheitswesen war früher mal teils öffentlich, teils traditionell kirchlich. Ersteres wurde privatisiert, die Privatbetreiber machten alle kleineren Krankenhäuser dicht, die nicht genug Profit erwirtschafteten. Jetzt gibt es eben in breiten Land­strichen zu wenig Kliniken. Die übrig gebliebenen sind teilweise in Kirchenhand und unterliegen religiösen Richtlinien. Da wird es dann eng mit Schwangerschaftsabbrüchen, weil die Kirchen das als „Sünde“ betrachten und den Daseinszweck einer Frau zuvörderst in der Vermehrung sehen.

Das ist ethisch ein Rückschritt um mindestens 40 Jahre. In den 1970ern mussten Frauen, die ungewollt schwanger waren, nach Amsterdam fahren, wo sie gegen gutes Geld einen Abbruch vornehmen lassen konnten – ohne irgendeine Betäubung übrigens. Zur Nachsorge gehen konnten sie in Deutschland kaum, denn der Arzt hätte sie wegen Mord anzeigen müssen. Wenn es Komplikationen gab, mussten die vertuscht oder ausgesessen werden. Wer sich die Reise nach Amsterdam nicht leisten konnte, musste versuchen, eine illegale „Engelmacherin“ aufzutreiben, die mit martialischen Mitteln und meist ohne hygienische Ausrüstung arbeitete. Viele Frauen sind daran gestorben.

Wenn eine Frau sich von all dem zwingen ließ, das Kind auszutragen, war sie oft für den Rest ihres Lebens zu einem Dasein am Rand der Gesellschaft verdammt. Ein uneheliches Kind galt als große Schande. Öffentliche Unterstützung gab es kaum, Kitas auch nicht. Und tolerante Arbeitgeber, die solchen Frauen Jobs gaben, waren sehr rar. Der einzige Weg, solch einem Leben zu entgehen, war zu heiraten – wenn der Kindsvater denn zur Verfügung stand. Fragt sich, ob wir wieder da hin wollen?

LÄUFER, taz.de