Freitod auf Verlangen

In Deutschland wie in der Schweiz ist die Rechtslage liberal. Aktive Sterbehilfe, der Freitod auf Verlangen, ist verboten. Die Beihilfe zum Selbstmord ist erlaubt, weil auch der Selbstmord nicht bestraft wird: Wer einem Lebensmüden ein Buch über Selbstmordtechniken besorgt, geht in der Schweiz wie in Deutschland straffrei aus. Der Unterschied liegt in der Rechtspraxis: In der Schweiz wird der Sterbewunsch auch nach Verlust des Bewusstseins rechtlich akzeptiert. Niemand muss dort den Selbstmord aus juristischen Gründen allein begehen.

Die Unterschiede zur Schweiz ergeben sich durch eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH). Es ist zwar hierzulande erlaubt, einem Selbstmörder Gift zu verschaffen, aber sobald es wirkt, müssen anwesende Personen versuchen, den Lebensmüden zu retten. Verwandte und Ärzte machen sich sogar wegen Tötung durch Unterlassen schuldig. Nur wenn schwerste Dauerschäden drohen, kann der Arzt auf eine Reanimierung verzichten. Der Wille des Selbstmörders ist nach dem Verlust des Bewusstseins laut BGH nicht mehr zu achten. Wer einen Selbstmörder überrascht, könne auf die Schnelle gar nicht erkennen, ob hier ein „frei verantwortlicher“ Suizid vorliegt, oder ob der Lebensmüde eher depressiv und drogenabhängig war. Die Richter gingen bei ihrem Spruch von der Annahme aus, dass viele Selbstmordversuche verzweifelte Appelle sind. Die Zahlen belegen das: Von jährlich 600.000 Suizidversuchen in Deutschland erreichen etwa 12.000 ihr vorgebliches Ziel. ksc