Immer hinten drauf

Der Fußball-Viertligist Arminia Hannover wirbt auf den Allerwertesten seiner Spieler, obwohl der DFB dies geschmacklos findet und verbietet. Heute kommt die Auseinandersetzung in Frankfurt vor Gericht

AUS HANNOVER CHRISTIAN OTTO

Wenn es nach Jürgen Scholz geht, muss der Deutsche Fußball-Bund vor Gericht endlich die Hosen runterlassen und sich erklären. Der Anwalt und Präsident des Oberligisten Arminia Hannover klagt gegen den obersten Hüter des deutschen Fußballs, weil dieser Hosenwerbung in allen Spielklassen rigoros verbietet. „Die Fifa erlaubt diese Form des Sponsorings seit dem Juli 2003. Der DFB findet sie geschmacklos. Jetzt müssen wir eben vor Gericht ergründen, ob der DFB Regeln nach eigenen Geschmackskriterien aufstellen darf“, sagt Scholz. Er hofft in der heutigen Verhandlung vor dem Landgericht Frankfurt auf ein Urteil, das von der Kreisklasse bis zum großen FC Bayern Werbung auf dem Po erlaubt. „Hier wird das Grundrecht eines Vereins verletzt, sich unternehmerisch frei entfalten zu dürfen. Und es geht mir auch um die Arroganz, mit der ein Monopolist wie der DFB ein für seine Mitglieder so wichtiges Thema abbügeln will“, so der Kläger. Seine 24 Seiten dicke Klageschrift, mit feiner Ironie und guten Argumenten gespickt, kommt für den größten Sportverband der Welt einem Tritt in den Allerwertesten gleich.

In anderen Sportarten wie beispielsweise Handball darf indes auch in Deutschland längst auf dem Hintern geworben werden. Boxer lassen sich gar Werbung für Kondome auf die nackte Haut pinseln. Im Fußball aber, dieser millionenschweren Branche, soll es geschmacklos sein, sich den Hintern bedrucken zu lassen. „Es gibt im DFB keine Mehrheit für eine Ausweitung der geltenden Werbemöglichkeiten“, sagt dessen Pressesprecher Harald Stenger. „Die Sache gehört geklärt. Sonst findet man beim DFB bald auch noch Fußballer mit langen Haaren, Ohrringen oder Tätowierungen geschmacklos und lässt sie nicht mehr mitspielen“, entgegnet Rechtsanwalt Scholz.

Ein Blick in die anderen europäischen Profiligen dürfte für den zuständigen Richter hilfreich sein. In Frankreich, Spanien und Österreich etwa wundert sich kein Fußballfan mehr über Werbebotschaften auf Arschbacken. Champions-League-Teilnehmer Rapid Wien, dessen Saisonetat offiziell 11,5 Millionen Euro beträgt, kassiert zwischen 10 und 15 Prozent seiner Werbeeinnahmen durch die Hosenwerbung. Was dort seit zehn Jahren möglich ist, dürfte in der Bundesliga auch so manchen in Not geratenen Verein wie Borussia Dortmund interessieren oder könnte kleinen Amateurklubs neue Geldquellen erschließen. Bayern-Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge hat sich trotz aller Geschäftstüchtigkeit bisher gegen die vermeintlich schlüpfrige Form der Werbung ausgesprochen, weil „unsere Spieler nicht wie Litfaßsäulen herumlaufen sollen. Irgendwo sind Grenzen.“

Der DFB spielt auf Zeit, dribbelt durch die Instanzen und zeigt keinerlei Interesse an einer außergerichtlichen Einigung. Kläger Arminia Hannover hingegen, dieser freche Viertligist, hat das Hosenwerbungsverbot schon mehrfach ignoriert. Die daraufhin verhängten Geldstrafen in Höhe von insgesamt 300 Euro nahmen die Arminen angesichts ihres bundesweit bekannt gewordenen Streits mit dem DFB gerne in Kauf. Mit dem Lokalrivalen TSV Havelse ist bereits ein Trittbrettfahrer gefunden worden, auch der ehemalige Zweitligist ignoriert das Verbot durch die Verbandssportgerichte und lässt seine Niedersachsenliga-Elf bis zu einem Urteil vor einem Zivil-Gericht mit dem Slogan „Gut gepolstert“ auf dem Hintern für einen Möbelhersteller werben.

„Wenn wir in eine Saison starten, müssen wir alles testieren lassen und vor dem Verband in finanzieller Hinsicht die Hosen runterlassen. Der DFB aber bleibt stur“, findet TSV-Ehrenpräsident Dieter Haaßengier. „Bisher habe ich keine ästhetischen Klagen über unsere Werbung auf dem Hinterteil gehört. Die steife Haltung des DFB aber erinnert mich an eine Zeit, als es noch suspekt war, wenn Frauen Hosen getragen haben.“