Eine Spur führt nach Kirgisien

Russland Anschlag auf die U-Bahn in St. Petersburg soll von einem Islamisten aus der zentralasiatischen Republik verübt worden sein. Die Zahl der Toten steigt auf 14

Blumen für die Opfer in der U-Bahn-Station Technologisches Institut in St. Petersburg Foto: Grigory Dukor/reuters

ST. PETERSBURG rtr/dpa/taz | Für den Bombenanschlag auf die St. Petersburger U-Bahn mit 14 Toten ist Ermittlern zufolge vermutlich ein Russe kirgisischer Herkunft verantwortlich. Bei dem Verdächtigen handle es sich um einen 1995 in der Stadt Osch geborenen Mann, erklärte der Geheimdienst der überwiegend muslimischen früheren Sowjetrepublik am Dienstag.

Die Nachrichtenagentur Interfax berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, der Täter habe Verbindungen zu radikalen Islamisten. Offiziell gab es dafür zunächst keine Bestätigung. Die Behörden gehen aber von einem terroristischen Hintergrund aus.

Der Bombenanschlag ereignete sich am Montagnachmittag nahe der zentral gelegenen Metrostation Sennaja Ploschtschad. Eine zweite Bombe konnte rechtzeitig entschärft werden.

Medienberichten zufolge wurden viele Fahrgäste von umherfliegenden Glas- und Metallteilen verletzt. Insgesamt gab es Dutzende Verletzte, wie die Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das Gesundheitsministerium berichtete. 49 wurden am Dienstag noch in Krankenhäusern behandelt.

Das russische Fernsehen veröffentlichte ein Bild, auf dem die Leiche eines bärtigen Mannes zu sehen ist. Er sieht einem Mann auf einem Foto einer Überwachungskamera ähnlich, bei dem es sich um den Verdächtigen handeln soll.

Der kirgisische Geheimdienst identifizierte den mutmaßlichen Attentäter als Akbarschon Dschalilow. Russische Ermittler bestätigten am Dienstag aufgrund von DNA-Spuren die Erkenntnisse ihrer Kollegen aus Kirgisien.

Der Kreml schloss am Dienstag nicht aus, dass der Bombenanschlag in St. Petersburg auf den Besuch von Präsident Wladimir Putin zielen sollte. „Allein die Tatsache, dass der Terroranschlag verübt wurde, während das Staatsoberhaupt in der Stadt war, zwingt zum Nachdenken“, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Der Anschlag sei eine Kampfansage an alle Russen.

Die Sicherheitsvorkehrungen in St. Petersburg wurden nach dem Anschlag massiv verstärkt. Alle Zugänge zu der U-Bahn werden zusätzlich bewacht, teilte der Metro-Betreiber mit. Zudem werden Busse und Straßenbahnen stärker überprüft.

Die Stadtverwaltung von St. Petersburg rief eine dreitägige Trauer aus. Zahlreiche Menschen stellten vor den Zugängen der U-Bahn-Stationen und in Moskau in der Nähe der Kremlmauer Kerzen auf und legten Blumen für die Opfer nieder.

„Der Anschlag ist eine Kampfansage an alle Russen“

Dmitri Peskow, Kremlsprecher

Zu der Tat bekannte sich zunächst niemand. Russland ist seit Beginn des Militäreinsatzes in Syrien im September 2015 in erhöhter Alarmbereitschaft. Die Luftwaffe kämpft dort an der Seite von Präsident Baschar al-Assad und nimmt auch mutmaßliche Ziele der Extremistenmiliz IS ins Visier.

Die Gruppe hat wiederholt mit Vergeltung gedroht. Außenminister Sergei Lawrow bezeichnete es einem Bericht der russischen Agentur RIA Novosti zufolge als zynisch, den Petersburger Anschlag als Racheakt für das russische Eingreifen in Syrien zu bezeichnen.

Russland wird nicht nur vom IS bedroht, sondern auch von radikalen Islamisten auf dem eigenen Territorium, etwa im Nordkaukasus. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder islamistisch motivierte Anschläge. So kamen im Jahr 2010 etwa 40 Menschen ums Leben, als sich zwei Attentäterinnen in der Moskauer Metro in die Luft sprengten. Bereits im Jahr 2004 wurden bei einer Geiselnahme in einer Schule im südrussischen Beslan mehr als 330 Menschen getötet, die Hälfte davon Kinder.