Fördern im Promille-Bereich

UNIS 0,5 Prozent aller Studierenden bekommen 2012 das neue „Deutschlandstipendium“, nur halb so viele wie von der Regierung geplant. Die Opposition spricht von einem Flop

„Die Stipendien bleiben stehen wie Sauerbier“

KAI GEHRING, GRÜNE

VON BERND KRAMER

BERLIN taz | Das „Deutschlandstipendium“, mit dem die Bundesregierung begabte Studenten fördern will, kommt nur schleppend voran. 10.977 Studierende haben in diesem Jahr eine Förderung von 300 Euro im Monat erhalten, die unabhängig vom Einkommen der Eltern gemeinsam von Staat und Wirtschaft gezahlt werden. Helge Braun, Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, freut sich zwar, dass die Zahl der Stipendiaten „rasant“ zugenommen habe. Das neue Förderprogramm bleibt aber auch im zweiten Jahr seines Bestehens hinter den Erwartungen zurück: Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wollte doppelt so viele mit einem Deutschlandstipendium beglücken. Ein Prozent aller Studierenden war angepeilt. Jetzt sind es 0,5 Prozent.

Die Opposition spricht von einem Flop: „Die Bundesregierung sollte sich endlich eingestehen, dass die Deutschlandstipendien stehen gelassen werden wie Sauerbier“, sagte der hochschulpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Kai Gehring. Und der SPD-Bildungsfinanzierungsexperte Klaus Hagemann meinte: „Zum Feiern besteht beim Deutschland-Stipendium leider kein Anlass.“ Die SPD werde das Programm, sollte sie im nächsten Jahr die Wahl gewinnen, „geordnet abwickeln“ und dafür mehr Geld ins Bafög stecken.

Beim Deutschlandstipendium müssen die Hochschulen die Hälfte der Förderungssumme bei privaten Sponsoren einsammeln. Erst dann legt der Staat Geld obendrauf. Zwei Drittel der Hochschulen beteiligen sich an dem Programm. Von diesen 263 Hochschulen konnten 104 Hochschulen die Förderquote von einem Prozent erreichen oder übertreffen. Die anderen Hochschulen fanden schlicht nicht genügend Geldgeber.

Von den fast 37 Millionen, die die Regierung in diesem Jahr für das Programm veranschlagt hat, werden damit nur 17 Millionen tatsächlich gebraucht. Schon im vergangenen Jahr verfielen 7 Millionen Euro. In diesem Jahr lockerte Schavans Ministerium daher die Regeln. Bislang galt eine strenge Quotierung: Nur einen bestimmten Anteil der Studenten durften die Hochschulen überhaupt mit einem Deutschlandstipendium fördern – selbst wenn sie mehr Geld von privaten Sponsoren hätten einwerben können. Diese Regel wurde aufgegeben: 2012 durften die Hochschulen, die besonders erfolgreich in der Akquise waren, auch mehr als einem Prozent ihrer Studierenden ein Stipendium gewähren. Sie bekamen dann den Bundeszuschuss, den die weniger erfolgreichen Hochschulen nicht abriefen (taz berichtete). 1.859 der rund 11.000 Stipendien konnten in diesem Jahr nur wegen dieser Änderung bewilligt werden.

Kritisiert wird am Deutschlandstipendium auch, dass es stark vom Wohlwollen der Wirtschaft abhängig ist. Die privaten Geldgeber können mitentscheiden, in welchen Fachbereichen sie Studierende fördern möchten: Eine solche Zweckbindung gab es im vergangenen Jahr bei der Hälfte aller Stipendien, so das Bildungsministerium im Sommer auf eine kleine Anfrage der Grünen. Das Gesetz verbietet darüber hinaus zwar eine „Einflussnahme der privaten Mittelgeber auf die Auswahl der zu fördernden Studierenden“. Bisher wird aber nicht untersucht, wie die zu fördernden Studenten tatsächlich ausgesucht werden.