Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Im Kino läuft eine eskapistische Filmoperette mit einem im Luxus schwelgenden Liebespaar, und die Comedian Harmonists singen in ihrem Lied „Wenn ich sonntags in mein Kino geh“: „Alle Tage Sekt und Kaviar und ein Auto und ein Schloss sogar …“ Tatsächlich schreibt man das Jahr 1932, die Weltwirtschaft ist in einer Krise, die Leute haben keine Arbeit und kein Geld. Da bietet die Ufa mit ihren Musikkomödien Ablenkung – aber deutlich doppelbödiger, als man nach der kleinen Anfangsbeschreibung annehmen möchte. Das luxuriöse Liebespaar lebt nämlich in einem Film im Film, der seinerseits eine Komödie ist, die um zwei Menschen in einer eher prekären finanziellen Situation kreist. Denn in „Ich bei Tag und Du bei Nacht“ bewohnen die Maniküre Grete (Käthe von Nagy) und der Aushilfskellner Hans (Willy Fritsch) dasselbe Zimmer: sie schläft dort nachts, er tagsüber. Das Verwechslungsspiel beginnt, als sie sich eines Tages unerkannt treffen und sich versehentlich auch noch gegenseitig für reich halten. Regisseur Ludwig Berger war einer der ganz Großen des deutschen Theaters und des Films. Eleganz und ironische Brechung gehörten zu den Charakteristika seiner Inszenierungen. Natürlich sind die geschilderten Träume der sogenannten kleinen Leute immer noch Wirklichkeitsflucht, allerdings eine, die sich selbst reflektiert. Das Schloss für Hans und Grete ist dann übrigens Sanssouci. Doch es reicht nur zu einer Touristenführung durch die Salons vom Alten Fritz, das Auto ist ein Taxi, und Sekt und Kaviar müssen leider ausfallen. (25. 11. Bundesplatz-Kino)

In Potsdam begrüßt man Anfang Dezember zur Erinnerung an die holländischen Siedler bei einem Volksfest den niederländischen Nikolaus Sinterklaas. Und damit sind wir auch schon beim total charmanten niederländischen Kinderfilm „Het paard van Sinterklaas – Ein Pferd für Winky“ (2005) angelangt: Denn das weiße Pferd, das sich Winky, die kleine Tochter chinesischer Einwanderer, als Sinterklaas-Geschenk so dringlich wünscht und das sie tatsächlich an ihrem Fahrrad angebunden vorfindet, ist natürlich das edle Ross vom Sinterklaas höchstpersönlich. Ein Missverständnis also, das sich jedoch lieb und ohne allzu große Enttäuschung aufklären lässt. (23. 11.–25. 11. Regenbogenkino)

Weil Agatha Christies Ratekrimis völlig unfilmisch gedacht sind, müssen sie im Kino anderweitig aufgemöbelt werden. René Clair besaß als Regisseur Stil und Witz und machte aus „And Then There Were None“ (1945) eine sarkastische und makabre Mordrevue, ein Fest für die großen Charakterdarsteller Walter Huston und Barry Sullivan. (OmU, 22. 11. Lichtblick-Kino