Eurogruppe im offenen Streit

WÄHRUNG Soll der Eurorettungsfonds zum Währungsfonds werden? Eurogruppenchef Dijsselbloem ist dafür, EU-Kommissar Moscovici dagegen. Jetzt eskaliert der Streit

Job in Gefahr? Bietet Brüssel dem möglichen Wirtschaftsflüchtling Dijsselbloem Asyl? Foto: Yves Herman/reuters

Aus Brüssel Eric Bonse

Die Idee ist so alt wie die Eurokrise. Statt sich vom Internationalen Währungsfonds (IWF) abhängig zu machen, könnte Europa eine eigene Institution zur Überwachung und Stützung von Krisenländern aufbauen. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem hat nun erstmals eine klare Präferenz geäußert – und damit einen heftigen Streit ausgelöst.

Er sei dafür, den Eurorettungsfonds ESM „mittel- bis langfristig zum europäischen IWF“ umzubauen, sagte der Niederländer nach dem Treffen der Eurogruppe am Montag in Brüssel. Es wäre „hilfreich, wenn wir die Expertise des ESM nutzen könnten“. Allerdings gäbe es darüber noch keinen Konsens, fügte er auf Nachfrage der taz hinzu.

Das ist noch milde ausgedrückt. Denn EU-Währungskommissar Pierre Moscovici widersprach auf offener Bühne. Zwar könne man durchaus darüber nachdenken, den ESM, der bereits in Griechenland mit Milliardenkrediten hilft, mit neuen Aufgaben zu betrauen. Dies sei Teil der laufenden Überlegungen zur Reform der Währungsunion. Allerdings sei er dagegen, den ESM auch noch mit der Haushaltsüberwachung in der Eurozone zu beauftragen, so der Franzose. Statt die EU-Kommission in dieser Frage zu entmachten, solle die Brüsseler Behörde aufgewertet werden – mit einem eigenen Finanzminister oder einem neuartigen Eurobudget. „Außerdem brauchen wir eine demokratische Kontrolle“, fügte Moscovici hinzu.

Damit ist der Streit über die Zukunft des ESM voll entbrannt. Hinter Dijsselbloem steht vor allem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der die EU-Kommission schon lange wegen angeblich zu laxer Kontrolle der nationalen Budgets kritisiert. Hinter Moscovici steht dagegen das Europaparlament, das mehr Mitsprache will.

Dass der Streit ausgerechnet jetzt ausbricht, ist kein Zufall. Dijsselbloem würde gern Chef der Eurogruppe bleiben, und das vielleicht sogar hauptamtlich. Dafür braucht er die Hilfe Deutschlands – denn bei den Wahlen in den Niederlanden hat seine sozialdemokratische Partei PvdA eine schwere Schlappe erlitten. Dijsselbloem könnte deshalb sein Amt als niederländischer Finanzminister verlieren. Die Eurogruppe wäre seine Rettung vor dem Verschwinden in der politischen Versenkung.

Streit gibt es auch über die Frage, wann der ESM den IWF ablösen soll. Beim laufenden dritten Hilfsprogramm für Griechenland wolle man noch nicht einspringen, betonte ESM-Chef Klaus Regling. Demgegenüber hat sich der Chef der Konservativen im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), dafür ausgesprochen, den ESM so schnell wie möglich an Bord zu holen. Denn der IWF hat sich immer noch nicht für eine Beteiligung am aktuellen Griechenland-Programm entschieden. Ohne den IWF könne jedoch auch Deutschland nicht weitermachen wie bisher, hat Schäuble gewarnt. Die Debatte, die er selbst mit angestoßen hat, könnte ihm nun auf die eigenen Füße fallen.