piwik no script img

zwischen den rillenGerne tiefgestapelt

THE FEELIES: „IN BETWEEN“ (BAR NONE/IMPORT)

Zu erwarten, The Feelies seien noch immer die verzagte, bieder wirkende Gitarrenpopband vom Anfang der Achtziger, wäre vermessen. Eine Band, die jedes, durch ihre vermeintliche optische Uncoolness getroffene Vorurteil dadurch gekontert hat, mit lauten und hochgradig irren Gitarren zu verstören. Nein! Ja! The Feelies sind eine US-Band, die Gehörgänge und Herzen so für sich vereinnahmt, dass das Hören ihres Debütalbums „Crazy Rhythms“ unvergessen ist, weil Körper und Geist gleichermaßen geschmeichelt waren.

The Feelies kreierten auf „Crazy Rhythms“ Musik, so schimmernd und sonderbar, dabei doch so klar und anders von allem, was sonst noch 1980 veröffentlicht wurde. Man möchte dem Album einen schützenden Umhang umlegen, damit es nicht beschädigt wird. Aber, es wäre genauso vermessen, ausschließlich in Nostalgie zu schwelgen. Zumal nun ein neues Album erschienen ist, „In Between“ heißt es. The Feelies feiern damit 40-jähriges Jubiläum – die 19 Jahren Pause mal außer Acht gelassen.

Auch mit dem neuen Album haben sie sich Zeit gelassen. Seit ihrem letzten Lebenszeichen, „Here before“, sind sechs Jahre vergangen. Entsprechend nervös und zögerlich klingt der Auftaktsong, er heißt so wie der Albumtitel, „In Between“. Eine aufgeregte Gemütsbewegung, gar Hysterie macht sich bemerkbar. Um dann von Vogelgezwitscher, Grillengezirpe und Westerngitarre gedämmt zu werden. Die Sanftheit des Gesangs irritiert. Eine leise Enttäuschung, puh, ganz schön seicht, irgendwie viel zu romantisch.

Verlässt Song Nummer zwei die imaginäre Blumenwiese, klingt es gleich wieder super: Da ertönt sofort, was The Feelies beherrschen: glasklare Soundstrukturen aufbauen, geniale Hooklines kreieren, ideal zum Mitpfeifen. Wie hart und gleichzeitig zart die Saiten gespielt werden, das ist reine Kunst! Man bemerkt die kompositorische Umsicht, mit der auch „In Between“ insgesamt gestaltet ist.

Die Gesangsarrangements von Glenn Mercer und Bill Million funktionieren gleich beim Auftakt. Produziert haben die beiden Gitarristen in Mercers Heimstudio in Haledon, New Jersey, dem Ort, an dem die Band seit 25 Jahren probt. Wo sie sich auch reformiert hat. Ein Ort, der sich im Sound spiegelt: zurückgelehnt und charismatisch, aber auch nie aufgeregt. „When to Go“ hilft, die vertraute Gefühlswelt wiederherzustellen, und zwar melodisch, ganz behutsam. Das Arrangement der verschiedenen Instrumente wie Tambourine, Cowbell und die überraschend flamencohafte Gitarre unterstreichen, dass The Feelies gerne tiefstapeln. Und noch einmal: Wie sie sich Zeit lassen.

Euphorisch und nervös

So soll es sein, „Been replaced“ baut sich in drei Minuten gewohnt euphorisch und nervös auf. Die doppelte Gitarrenattacke von Mercer und Million, der bei den Feelies stets im Zentrum steht, das treibende Zusammenspiel von Drummer Stan ­Demeski und Percussionist Dave Weckerman, gepolstert durch die Licks der großartigen Bassistin Brenda Sauter. Eine Güte des Geschicks, die Entzücken auslöst, etwa beim Song „Gone Gone Gone“.

Wollüstig rauschen die repetitiven Riffs der luftigen Rhythmusgitarre, immer schneller spielt, gepaart mit der Lead-Gitarre, die sich immer stärker verzerrt, und einem dunklen Gesang: „What do you wanna know / What do you wanna do / Where do you wanna go / Haven’t got a clue / Gone Gone Gone“.

Das Finale ist dann die Reprise des Titelstücks „In Between“. Also eine Wiederaufnahme eines bestimmten Teils innerhalb seiner Komposition. Was The Feelies daraus gemacht haben, lässt sich kaum in Worte fassen: kein Vogelgezwitscher, keine Westerngitarre. Dafür dominante, übersteuerte Gitarren und Synthesizer. Ja, das ist traumhaft, wie im Songtext: „Like a Dream / In Between / Where you go / There you know“.

Die elf Songs von „In Between“ sind in sich so unterschiedlich und unvorhersehbar, dass es nur ein Urteil geben kann: The Feelies spielen unaufgeregt und deshalb klingt ihre Musik aufregend. Du Pham

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen