Visionen in der Provinz

DOKU Viel Tragik und Komödie: „Henners Traum“ (0.20 Uhr, ZDF)

Platz ist so ziemlich das Einzige, was in Nordhessen im Überfluss vorhanden ist. Doch man darf Aussicht bis zum Horizont nicht mit Perspektive verwechseln: Geld und Jobs sind knapp in der Gegend, in der Henner Sattler Bürgermeister ist, Visionen auch. Kein Wunder also, dass Sattler sich an der einzigen festklammert, die er hat: Er will aus der Domäne Beberbeck in Hofgeismar ein Tourismusresort machen, das größte Europas. Da, wo alle nur durchfahren, sollen sie ab Pfingsten 2011 Urlaub machen. Das ist „Henners Traum“.

Den teilt er mit Tom Krause, doch anders als Sattler hat Krause viele Träume. Das ist sein Job: Krause ist Architekt, spezialisiert auf Urlaubsträume und als deren Verkäufer ständig in der Weltgeschichte unterwegs, im arabischen Raum, aber auch in Eschweiler. In Klaus Sterns Dokumentarfilm prallen zwei Welten aufeinander, personalisiert durch zwei Männer: die Kommunalpolitik und die globalisierte Wirtschaft, für die Hofgeismar nicht mehr als ein potenzielles Investitionsobjekt ist. Für Henner Sattler ist seine Kommune alles, sein Leben.

Dem Autodidakten Klaus Stern, bekannt geworden durch die New-Economy-Doku „Weltmarktführer“, gelingt es in „Henners Traum“ einmal mehr mit großer Leichtigkeit und Klarheit das Kleine mit dem Großen zu verbinden, Sattler sowohl beim Kampf mit den Tücken einer Kaffeekanne zu beobachten als auch mit denen der Politik. Stern rückt den Zuschauer ganz nah an das Geschehen heran: Scheinbar mühelos schlüpft er mit durch jede Tür. Noch beeindruckender aber ist, dass ihm, auch wenn es mal nichts zu sehen gibt (Kamera: Harald Schmuck), kein Wort entgeht (Ton: Christian Lang und Sebastian Schmidt).

Tom Krause hat übrigens längst einen neuen Traum: Er baut das „Seezentrum Blausteinsee“ – in Eschweiler. Geplante Eröffnung: Pfingsten 2011. Und Henner Sattler? Der hat noch immer keinen Investor gefunden und träumt weiter. DAVID DENK