LeserInnenbriefe
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Blick aufs Bildungssystem der DDR

betr.: „Der gymnasiale Stellvertreterkrieg“, taz vom 15. 3. 17

Die abgebildete Deutschlandkarte spricht Bände: Die Ehemalige-DDR-Bundesländer mit G8 und die „alte“ BRD mit G9-Tendenzen. Warum das wohl so ist? Weil man in der DDR nach zwölf Jahren Abitur gemacht hat, ohne Diskussion. Haben das unsere Politiker, vor allem ostdeutsche und allen voran die Kanzlerin, schon vergessen? Warum wagt niemand den Blick auf das Bildungssystem der ehemaligen DDR? HEIKE WINKLER, München

Eine optimistische Perspektive

betr.: „Ach, Europa“, taz vom 11./12. 3. 17

Gewiss, ein einzelnes Licht im neuen Heim des Europäischen Rates hat nicht gezündet. Aber war deswegen das ganze Leuchten im neuen Gebäude schon trügerisch, wie der Autor meint? Trotz der massiven Blockade von Polen haben die anderen 27 Staaten einstimmig ihren Repräsentanten gewählt. Trotz der systematischen Obstruktionspolitik der Polen kam es zu einer gemeinsamen Erklärung der 27 unter einem bloß formal modifizierten Etikett. Dank dem Brexit erhielt das eine beleidigte Land auch keine Unterstützung vom Geistermitglied, dem es schon immer nur um Freihandel und nicht um ein vertieftes Europa geht. Ist das nicht ein positiver Fortschritt?

Gewiss, es gibt relevante Gegenbewegungen zur EU in zahlreichen Ländern der EU. Angesichts der mehr als vielfältigen Widersprüche in unserer globalisierten Welt ist es ein Gewinn, dass dies offen diskutiert und politisch per Wahlen ausgehandelt wird. Dass politische Irrationalität auch gewinnen kann, ist unbestritten, aber bei 28 Staaten gleichzeitig unwahrscheinlich. Daher ist ein Europa der verschiedenen Kreise oder Geschwindigkeiten eine optimistische Perspektive! PETER RASCHKE, Hamburg

Eine Phantomdebatte

betr.: „Führerschein ist ein Auslaufmodell“, taz vom 10. 3. 17

Die Datensicherheit bei selbstfahrenden Autos dürfte noch das geringste Problem sein. In einem Szenario kommt überraschend von rechts ein Kinderwagen auf die Fahrbahn gerollt. Links kommt ein Lkw entgegen. Der Bremsweg ist nicht mehr ausreichend, um eine Kollision mit dem Kinderwagen zu verhindern. Rechts auf dem Gehweg befindet sich eine Gruppe von Fußgängern. Wie soll der Fahrcomputer entscheiden? Den Kinderwagen überfahren, nach links ausweichen, um dann möglicherweise mit dem Lkw zu kollidieren, oder rechts in die Gruppe der Fußgänger fahren?

Um das Szenario auf die Spitze zu treiben, ist der Kinderwagen ein leerer Pappkarton, der einem Kinderwagen ähnlich ist. Ein leerer Pappkarton könnte problemlos überfahren werden. Übergibt der Fahrcomputer die Entscheidung an den Fahrer, der vielleicht gerade eine E-Mail schreibt? Die Reaktionszeit des Fahrers wäre in jedem Fall zu langsam. Welche Entscheidung in dieser Situation auch immer getroffen wird – wenn es die falsche ist, stellt sich die Frage nach der Haftung. Haftet der Hersteller der Bilderkennungssoftware, der Hersteller der hochauflösenden Kamera, der Fahrzeughersteller oder der Fahrer?

Bei dem autonomen Fahren handelt es sich tatsächlich um eine Phantomdebatte. Die von Herrn Rohleder aufgeführten Beispiele vermitteln ein falsches Bild. Die Fahrversuche werden derzeit unter „Best Case“-Bedingungen durchgeführt. Von Fahrversuchen in einem ganz normalen deutschen Winter habe ich noch nichts gelesen.

Die sechs Taxis in Singapur fahren auf einem vier Quadratkilometer großen Forschungscampus mit einer Begleitperson zur Überwachung, die im Notfall die Steuerung des Fahrzeugs übernimmt. Von Google wurde das Projekt eingestellt. Auch bei den anderen Beispielen ist immer ein ausgebildeter Fahrer in dem Fahrzeug, um im Notfall eingreifen zu können.

Das ist dann genauso wie bei dem Autopiloten in einem Flugzeug. Auch hier muss der Pilot ständig den Autopiloten überwachen und kann kein Nickerchen halten (auch wenn das viele Menschen glauben). Auch die Steuer-, Mess- und Regeltechnik mit der dazugehörigen Sensorik, die für das autonome Fahren benötigt wird, findet momentan in Kampfjets Verwendung. Leider stürzen zuweilen auch Kampfjets ab, ohne dass es eine Feindberührung gab. ULRICH FECHNER, Hohenbrunn

Den Wahnsinn steuern

betr.: „Der Tracker fährt mit“, taz vom 10. 3. 17

Allein in der Bundesrepublik hat man zig Millionen Lizenzen vergeben, die die Benutzung eines so gefährlichen Geräts wie des Pkws erlauben. Ein Wust an Gesetzen, Vorschriften und Regeln soll den Wahnsinn steuern. Nun will man mit irrsinnigem technischem Aufwand die Geräte autonom fahren lassen und schafft parallel dazu einen neuen Wust an Vorschriften. Eine schwarze Kontrollkiste soll helfen, alles zu überwachen.

Bei einer früher „drohenden“ Geschwindigkeitsbeschränkung ging der Aufschrei „Freie Fahrt für freie Bürger“ durchs Land. Heute ersetzen die Datenschützer den ADAC und trommeln gegen die Bevormundung mündiger Bürger. Dabei böte sich hier die Gelegenheit, den Autoverkehr zu drosseln und in vernünftige Bahnen zu lenken: Wie eine Eier legende Wollmilchsau könnte die Kontrollkiste Milliarden in die öffentlichen Kassen spülen. Statt nur 0,001 Prozent aller Verstöße und Vergehen der Autofahrer zu erfassen, gelänge eine 100-prozentige Ausbeute. Ganz schnell würde es angenehm ruhig auf den Straßen, weil in kürzester Zeit 50 Prozent der Leute oder mehr ihren Führerschein einbüßten. Paradiesische Zukunft. GERT GROPP, Kirchhoven