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THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Es ist die Geschichte eines Mannes, der am Kapitalismus stirbt, zu dessen Knecht er sich machte, statt ihn zu bekämpfen. Sein Name: Willy Loman, der berühmte Handlungsreisende aus Arthur Millers sprichwörtlich gewordenem Drama „Tod eines Handlungsreisenden“ aus dem Jahr 1949. Dieser Willy Loman ist am System gescheitert, verdient kein Geld mehr und möchte nicht mehr leben. In Zeiten, da die soziale Marktwirtschaft den Kapitalismus gebändigt hatte, war das Stück in Vergessenheit geraten. Nun aber, wo an dieser Marktwirtschaft nichts Soziales mehr übrig blieb, sondern allenthalben purer Raubtierkapitalismus herrscht, ist die Geschichte von dem Mann, der sein Wert einzig am beruflichen Erfolg misst, wieder sehr aktuell. Landauf, landab findet man das Stück auf den Spielplänen. Ab Freitag auch im Deutschen Theater, wo Bastian Kraft das Drama inszeniert, und zwar mit keinem Geringeren als Ulrich Matthes in der Rolle des Handlungsreisenden, der sein Leben am Ende so wertlos findet, dass er Suizid begeht (Deutsches Theater: „Tod eines Handlungsreisenden“, Premiere 17. März, 19. 30 Uhr).

Vielleicht wäre alles besser, wenn die Menschen nur besser wären? Gegenwärtig aber wird ein gemeinschaftliches, solidarisches und gleichberechtigtes Miteinander nicht allein durch den alles durchdringenden Kapitalismus erschüttert. Auch das Wort Gutmensch ist ein rechter Kampfbegriff. So machen sich im Theater unterm Dach in dieser Woche drei Frauen auf, um einen guten Menschen zu finden. Die drei folgen in „Drei Engel für Bert“ dem Plot, der der Serie „Drei Engel für Charlie“ nachempfunden ist, einen mysteriösen Auftraggeber. Im Theater unterm Dach heißt er allerdings nicht Charlie, sondern Bert. Wie jener Dichter, der in seiner Dreigroschenoper dichtete: „Da hast du eben leider recht. Die Welt ist arm, der Mensch ist schlecht.“ Genau, die Rede ist von Brecht, Vorname Bertolt (Bert). Und so begibt sich dieses Rechercheprojekt auf die Spur der Frage: Was ist das eigentlich, das Gute? (Theater unterm Dach: „Drei Engel für Bert“, 16., 17., 18., & 19. 3., jeweils 20 Uhr).

Ethische, aber auch unethische Fragen stehen im Zentrum des neuen Stücks von Sasha Marianna Salzmann, „Zucken“, dessen Uraufführung im Maxim Gorki Theater Sebastian Nübling inszeniert. Das Stück widmet sich der Grundverunsicherung unserer Zeit und geht vor allem der Frage nach, warum sich junge Menschen, deren Leben gerade beginnt, auf die Suche nach radikalen Alternativen zu dem, was der gesellschaftliche Konsens für sie vorsieht, begeben. Zum Beispiel, indem sie in den syrischen Bürgerkrieg ziehen (Gorki Theater: „Zucken“, Uraufführung 17. 3., 19. 30 Uhr).

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