Gerechtigkeit

Bei der Bundestagswahl ist der soziale Ausgleich ein Kernthema, das weiß auch die SPD. Doch wie weit kann Martin Schulz gehen?

Linkssein für Anfänger

Beim Thema Gerechtigkeit bevorzugen Politiker jene Pläne, die Veränderung versprechen, aber nur überschaubaren Widerstand erzeugen:

■Bei der Begrenzung von Managergehältern dürfte die SPD eine überschaubare Gegnerschaft haben. Es existiert bereits ein Gesetzentwurf, nach dem Vorstandsbezüge in DAX-Aktiengesellschaften nur bis zu einer Höhe von 500.000 Euro jährlich steuerlich absetzbar sein sollen. Der Aufsichtsrat soll bei schlechten Leistungen Bezüge mindern und Ruhegehälter zurückfordern können und die Hauptversammlung der Aktionäre über das Verhältnis von Managergehältern zu den Durchschnittsentgelten der Beschäftigten entscheiden können. Der gefühlte Gerechtigkeitsfaktor dieses Vorschlags ist hoch. Das Gesetz kostet kein öffentliches Geld und der Protest in der Unternehmerschaft dürfte sich in Grenzen halten, zumal Manager in der mittelständischen Wirtschaft eher weniger verdienen als eine halbe Million Euro.

■Ebenfalls eine leichte Variante linker Politik ist die Verschärfung der Mietpreisbremse, die SPD-Justizminister Heiko Maas schon länger versucht durchzusetzen. Neumieter würden bei Vertragsabschluss erfahren, wie viel der Vormieter gezahlt hat. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt, in denen die Mietpreisbremse gilt, darf der Vermieter nur eine Miete nehmen, die nicht höher liegt als 10 Prozent über dem Mietspiegel, es sei denn, der Vormieter hat schon mehr gezahlt. Mit einer Auskunftspflicht des Vermieters würde jeder Rechtsbruch offensichtlich. Auch dieses SPD-Konzept kostet kein öffentliches Geld. Die Immobilienbesitzerlobby droht mit Massenklagen gegen die Gültigkeit der Mietspiegel. Doch der Gerechtigkeitsfaktor dieses Vorschlags dürfte mehr ins Gewicht fallen, schließlich handelt es sich nur um die Durchsetzbarkeit bereits bestehenden Rechts.

■Nicht ganz so leicht, aber mit überschaubaren Risiken behaftet ist die Solidarrente, zu der SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles bereits ein Konzept vorgelegt hat. Kleine Renten von Beschäftigten, die 35, später 40 Jahre lang geackert haben, sollen aufgestockt werden, sodass sie auf eine Rente kommen, die etwas höher liegt als Hartz IV. Kindererziehungszeiten werden berücksichtigt. Die Kosten halten sich zu Anfang in Grenzen, da die Solidarrente nur NeurentnerInnen betreffen würde. Der Gerechtigkeitsfaktor des Vorschlags ist hoch, aber der Plan birgt auch Verhetzungspotenzial: Dank der Solidarrente könnten langjährige TeilzeiterInnen am Ende fast die gleichen Altersbezüge bekommen wie schlecht verdienende Vollzeitbeschäftigte. Barbara Dribbusch