Das Spektakel fehlt

Auch in der Champions League kann der FC Bayern München spielerisch nicht überzeugen. Gegen den FC Brügge reicht es dennoch zu einem 1:0 und drei weiteren Punkten. Fürs Erste muss das reichen

AUS MÜNCHEN THOMAS BECKER

Ein bisschen musste sich Uli Hoeneß dann doch noch aufregen. Eigentlich hatte er sein Presse-Statement schon hinter sich – drei, vier Sätze zum schmalen Einsnull gegen Brügge und nix wie ab im Geschwindschritt Richtung Mannschaftsbus. Doch kurz vor der rettenden Tür fing die Reporterherde den Bayern-Manager noch einmal ab. Ein paar Fragen waren offen, nicht nur die Sache mit Sagnol. Warum also läuft’s derzeit nicht so beim FC Bayern, Herr Hoeneß? „Das war sicherlich kein Spektakel heute. Es war souverän, wir waren nie groß in Gefahr, haben zur Zeit aber einfach nicht den Rhythmus wie zu Saisonbeginn.“

Eine ganze Weile geht das so: Ballack sei verletzt gewesen, Schweinsteiger noch nicht richtig drin, Makaay auch nicht, es fehle einfach eine kontinuierliche Mannschaftsaufstellung. Aber Herr Hoeneß, gegen das letzte Aufgebot des FC Brügge zu Hause nur ein mageres 1:0, an dessen Ende es gar Pfiffe gab? „In der Champions League muss man in der ersten Runde Punkte machen, da gibt es keinen Schönheitspreis. Wir spielen rein für die Punkte. Das Spektakel kommt dann irgendwann von selbst.“ Allmählich steigt der hoeneßsche Erregungspegel, ein sachter Reporter-Einwand sorgt schließlich für die Eruption: „Jetzt müssen wir uns schon für 1:0-Siege in der Champions League rechtfertigen! Ich glaube, Werder Bremen wäre froh, wenn sie irgendeines ihrer Spiele 1:0 gewonnen hätten.“ Sprach’s – und verschwand im Bus.

Bis Willy Sagnol dort angekommen war, hatte er ebenfalls ein paar unangenehme Gespräche hinter sich. Am Dienstagmittag lief über die Agenturen die Nachricht, der Verteidiger habe nach monatelangen Verhandlungen den angebotenen Vierjahresvertrag aus persönlichen Gründen abgelehnt. Ein paar Stunden zu früh sei diese Meldung in die Welt gelangt, meinte Sagnol, ausgemacht sei eine Veröffentlichung nach dem Brügge-Spiel gewesen. Nun gab es ein neues Sagnol-Statement: „Es ist noch nicht sicher, dass ich weggehe.“ Eine Entwicklung, die Uli Hoeneß Minuten zuvor schon geahnt hatte: „Wir haben ihm so ein Wahnsinnsangebot gemacht, da wäre er fast vom Hocker gefallen. Er sagt, er habe 14 Tage lang nicht geschlafen. Ich habe gesehen, wie schwer ihm die Entscheidung gefallen ist: So sieht keiner aus, für den das Kapitel FC Bayern beendet ist. Die Tür ist noch nicht zu.“ Im Dezember wird man sich wieder zusammensetzen, und dass die Causa Sagnol ähnlich endet wie bei Zé Roberto, ist nicht auszuschließen. Beim Trainer löst diese Faktenlage nurmehr Kopfschütteln aus: „Dann hätte er sich sparen können, uns zu sagen, dass er geht.“ Auch in diesem Fall erweist sich Felix Magath als Pragmatiker. Schon vor Wochen, als der Vertragspoker den Klub beschäftigte, hatte er cool analysiert: „Ich hätte kein Problem damit, wenn die Diskussion am Ende dazu führt, dass Willy uns verlässt.“

Derzeit beschäftigen Magath ganz andere Fragen. „Wenn man den Anspruch hat, die Champions League zu gewinnen, muss man aus seinen Stärken auch Kapital schlagen“, befand Magath. Was ihm gegen Brügge vor allem missfiel: die ungenutzten Möglichkeiten aus der Kopfball-Überlegenheit. „Da hätte ich mir heute zwei, drei Tore mehr gewünscht.“ Es blieb bei nur einem, und hier müsste Magath eigentlich noch einen Dankeschön-Blumenstrauß in die Gästekabine bringen lassen: Keeper Butina war beim Stocher-Tor von Demichelis so effektvoll unter dem Ball weggetaucht, dass man wirklich nicht von einem herausgespielten Treffer sprechen konnte. „Das war kein Glanzstück. Wir mussten ja bis zur 93. Minute zittern“, sagte Magath, „wir müssen uns im Offensivspiel verbessern. Umso schöner, dass jetzt Juve kommt.“ An den schnöden Bundesliga-Alltag wollte er lieber nicht erinnert werden: „Ach, lassen Sie mich doch heute Abend mit Wolfsburg in Ruhe.“