Ultimatum im Kongo

Ein Plan zur Entwaffnung der Hutu-Rebellen im Kongo droht zu scheitern. Deshalb gibt es nun einen „Plan B“

BRÜSSEL taz ■ Bis morgen sollen ruandische Hutu-Rebellen ihre Waffen niederlegen und aus dem Kongo in ihre Heimat zurückkehren. Doch die Regierungen von Kongo, Ruanda und Uganda, die dieses Ultimatum am 25. August gesetzt haben, scheinen nicht an einen Erfolg zu glauben. Aus diesem Grunde hat eine Delegation der Wirtschaftsgemeinschaft Zentralafrikanischer Staaten (CEEAC) unter der Leitung des Außenministers von Kongo-Brazzaville, Rodolphe Adada, in der vergangenen Woche in Brüssel einen neuen Plan („Plan B“) zur Entwaffnung der Rebellen der „Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas“ (FDLR) im Kongo vorgelegt. Der FDLR gehören ehemalige Soldaten der Exarmee Ruandas sowie Rekruten an, die in den Flüchtlingslagern ausgebildet wurden – darunter auch „Interahamwe“-Milizen, die an dem Genozid von 1994 beteiligt waren.

„Plan B“ war im vergangenen Juni von den Staatschefs der Region erarbeitet worden. Damals hatte sich herausgestellt, dass der politische Chef der FDLR, Ignace Murwanashyaka, sein Versprechen, die Rebellen zu entwaffnen und zu einer freiwilligen Rückkehr nach Ruanda zu bewegen, nicht einlösen würde. Diese Zusage hatte er am 31. März während einer Konferenz in Rom gemacht.

Das Verhalten von Murwanashyaka hat mehrere Gründe: Zum einen kontrolliert er nicht die gesamte FDLR, die sich in mehrere Gruppierungen gespalten hat. Zum anderen haben er und andere FDLR-Chefs nach der Konferenz in Rom neue Forderungen gestellt – etwa die Gründung einer „politischen Zone“ für sie in Ruanda. Das lehnt die Regierung von Paul Kagame jedoch ab. Die Folge: Die FDLR schürte weiter Unruhen im Ostkongo.

Die kongolesische Armee ist nicht in der Lage, die Rebellen zu entwaffnen. Auch die Blauhelme der UNO-Mission im Kongo (Monuc) weigern sich, direkt gegen die FDLR vorzugehen. Dabei haben sie ein Mandat, das den Einsatz von Waffen zum Schutz von Zivilisten erlaubt.

Die kongolesischen Regierungstruppen – die meisten Soldaten bekommen keinen Sold – stehen vor schweren Problemen. Anfang September starben in der Ituri-Region mehr als 100 Soldaten an Cholera. 500 Soldaten der neuen Armee, der ehemalige Angehörige früher verfeindeter Gruppen angehören, sind in den letzten Wochen desertiert. Zudem haben die meuternden Offiziere Laurent Nkundabatware und Jules Mutebusi, die offiziel von der Monuc und der kongolesischen Armee gesucht werden, damit begonnen, Dissidenten für eine Miliz anzuwerben.

Vor diesem Hintergrund und dem Ultimatum haben vier CEEAC-Minister aus Kongo-Brazzaville, Kongo, Angola und Gabun in Brüssel logistische und finanzielle Hilfe für die Entsendung von zwei Brigaden in den Ostkongo gefordert. Die Umsetzung dieses Plans erscheint jedoch schwierig. Zwar stellt eine mögliche Entsendung einer gemischten Brigade mit Soldaten aus Kongo-Brazzaville und Gabun kein politisches Problem dar. Aber die Regierung in Kinshasa zögert, der Entsendung einer zweiten Brigade aus ruandischen und ugandischen Soldaten – der Feinde von gestern – zur Entwaffnung der FDLR zuzustimmen. Auch hat Angola noch nicht entschieden, ob es Truppen zur Entwaffnung der FDLR schickt.

Die EU verfügt über ein Friedensbudget von 250 Millionen Euro. Daraus könnte eine Kongomission finanziert werden. Dazu müssten aber erst einmal alle Vorbereitungen abgeschlossen sein. Das könnte, sagen EU-Diplomaten, noch eine Weile dauern. FRANÇOIS MISSER

Aus dem Französischen von Jakob Neu