Polizeichef tritt wegen „Katrina“ zurück

In Washington wird weiter nach den Schuldigen für den mangelhaften Katastropheneinsatz gesucht

BERLIN taz ■ Knapp vier Wochen nach dem Durchzug des Hurrikans „Katrina“ hat der Polizeichef von New Orleans seinen Rücktritt erklärt. „Jeder in einer Führungsposition muss wissen, wann es Zeit ist, den Stab weiterzureichen“, sagte Eddie Compass am Dienstag in New Orleans. Rund 500 Polizeibeamte waren in den Tagen nach „Katrina“ nicht auf ihrem Posten erschienen, gegen mindestens 259 von ihnen wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden. Etliche stehen sogar im Verdacht, selbst an Plünderungen in der verwüsteten Stadt beteiligt gewesen zu sein.

Unterdessen ging in Washington die Debatte weiter, wer für die mangelhafte Reaktion der staatlichen Einsatzkräfte in der Krisensituation verantwortlich sei. Der inzwischen zurückgetretene Chef der Katastrophenschutzbehörde Fema, Michael D. Brown, sagte sechs Stunden lang vor einem Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses aus. Es sei nicht seine Aufgabe gewesen, für die Evakuierung der Menschen aus New Orleans zu sorgen, sagte Brown. Verantwortlich seien vielmehr Louisianas Gouverneurin Kathleen Blanco und der Bürgermeister von New Orleans, Ray Nagin. Auch die nach dem 11. September 2001 gegründete Heimatschutzbehörde trage Verantwortung, weil sie stetig die Ausgaben und Personal der Fema zusammengestrichen habe. Eine Sprecherin der Gouverneurin Blanco reagierte wütend: „Mike Brown war damals nicht engagiert, und er ist es auch jetzt nicht. Er hätte statt dem Disney-Kanal lieber CNN gucken sollen.“

In den US-Medien finden sich inzwischen immer mehr Details über die verheerende Situation der Einsatzkräfte nach „Katrina“. So berichtet die New York Times gestern über das Hauptquartier der Nationalgarde in New Orleans: Statt helfen zu können, hätten die Nationalgardisten sich selbst retten müssen, als ihr Gebäude überflutet wurde.

Mangelnde Kommunikation nach dem Ausfall der Telefon- und Handynetze hätten die Koordination der wenigen einsatzbereiten Kräfte weiter erschwert – und etliches schweres Gerät, das eigentlich der Nationalgarde für solcherart Rettungsarbeiten zur Verfügung stehen soll, ist im Irak im Einsatz.

Die Kosten für den Wiederaufbau der durch „Katrina“ zerstörten Region werden inzwischen auf über 300 Milliarden US-Dollar geschätzt. 1.121 Menschen sind nach neuesten Angaben durch „Katrina“ ums Leben gekommen, mehrere hunderttausend sind obdachlos.

Auch in den am vergangenen Wochenende von Hurrikan „Rita“ zerstörten Gebieten in Texas und Louisiana herrscht nach wie vor eine katastrophale Situation. 476.000 Texaner sind noch immer ohne Stromversorgung, 285.000 in Louisiana. Gleichzeitig machen Temperaturen von über 35 Grad und fehlende Wasserversorgung den Menschen zu schaffen. Viele, die vor dem Sturm nicht geflohen waren, verlassen jetzt die betroffene Region. US-Präsident Bush, der in den letzten vier Wochen siebenmal die Krisenregion besucht hat, forderte die Menschen am Dienstag auf, vorerst nicht in die evakuierten Städte zurückzukehren. BERND PICKERT