Ein gutes Team, das schlecht spielt

aufstiegszwang Hannover 96 hat gewonnen. Sportchef Heldt gibt keine Garantie für Trainer Stendel

Der mühsame Sieg war gerade errungen. Alle bei Hannover 96 hatten dieses Bedürfnis, sich nach dem 1:0 (0:0)-Heimsieg gegen 1860 München erleichtert in die Arme zu fallen. Doch nach ein paar Minuten störte dieses eine Thema wieder die Atmosphäre. Weil die Mannschaft nicht sehr ansehnlich spielt und im Kampf um die Rückkehr in die 1. Fußball-Bundesliga zuletzt zurückgefallen ist, gerät Trainer Daniel Stendel immer mehr in Bedrängnis. Der harte Kern der Fans bedachte ihn nach der Partie mit „Du bist der beste Mann“-Sprechchören. Trotzdem muss Stendel um seinen Job bangen. Entsprechend ernst und verkrampft tritt er im Moment auf.

Die Konstellation ist äußerst merkwürdig. Hannover 96 gehört weiterhin zu den besten Teams der 2. Liga, spielt aber schlecht. Der Vereinsführung und vielen Zuschauern ist das nicht gut genug. Es stimmt, dass der Heimsieg gegen München viel Glück und dem Tor des Tages von Martin Harnik (55. Minute) zu verdanken war. Der Stürmer hält den Trainer mit seinen Treffern im Amt und hat Mitleid mit ihm. „Ich glaube, Daniel Stendel hat zurzeit den schwersten Job der Liga. Aber Unruhe gehört auch zum Geschäft dazu“, findet Harnik.

Er gehörte neben Torhüter Philipp Tschauner zu den besten 96-Profis. Beide bekamen viel Lob ab, mochten sich darauf aber nicht übermäßig viel einbilden. Dazu war der Auftritt insgesamt zu schwach. „Wir wollen alle und sind motiviert. Aber es fehlen die Überzeugung und der Mut, auch mal Fehler zu machen“, erklärt Harnik.

Sie werden diese Last, es besser machen zu müssen, weiter mit sich herumschleppen. Die Vorgabe von Klubchef Martin Kind, unbedingt aufsteigen zu müssen, beflügelt die Mannschaft nicht, sondern lähmt sie. Damit es vorangeht, ist Horst Heldt auf der Zielgeraden der Saison als Sportdirektor geholt worden. Er tritt leicht und locker auf, weil ihm erst einmal niemand etwas kann.

Natürlich ist Heldt am Sonnabend gefragt worden, ob der 13. Saisonsieg dazu beigetragen hat, dass die Debatte über Stendels Zukunft an Schärfe verliert. Seine Antwort darauf lautete: „Fußball ist halt auch ein Tagesgeschäft. Und da sollte man besser keine Versprechen abgeben, die man nicht halten kann.“

Danach dreht Heldt noch eine Runde durch das menschenleere Stadion. Er soll beurteilen, ob das stark umgepflügte Grün in Kürze ausgetauscht werden muss. Neuer Rasen? Neuer Trainer? Heldt war nach seinem Abschied von Schalke 04 fast ein Jahr lang arbeitslos. Er freut sich, in Hannover wieder Entscheidungen treffen zu dürfen. CHRISTIAN OTTO