Geht’s noch?
: Die Esoteriker

Die Techniker Krankenkasse postet einen verdrehten Tweet. Kein Wunder, er wurde unter dem Einfluss von Globuli formuliert

Wer auch immer nach Mitternacht den Twitter-Account der Techniker Krankenkasse betreibt, scheint unter dem Einfluss eines Globuli-Bachblütentropfen-Cocktails zu stehen. So viel Alkohol und Zucker können schon mal die Sinne vernebeln.

Anders lässt sich nicht erklären, warum die TK diese Woche so auf Kritik eines Versicherten reagierte: „Lieber @IlloSZ, können sie uns saubere, wissenschaftliche Studien nennen, die die Nicht-Wirksamkeit von Homöopathie belegen?“

Auf den Tweet, der nachts um eins gepostet wurde, antwortete der Angesprochene am nächsten Tag, dass die Krankenkasse in der Beweispflicht sei. Scheinbar wollte er der gesetzlichen Versicherung zumuten, dass sie ihre Therapien prüft, bevor sie das Geld ihrer Mitglieder dafür ausgibt.

Zum Glück übernahmen das doch Twitter-Nutzer*innen. Wie ihre Antworten zeigen, gibt es schon, na ja, den einen oder anderen wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass millionenfach verdünnte Tinkturen kein ­Symptom heilen können.

Möglicherweise hat der Tweet eine PR-Strategie eingeleitet, um neue Mitglieder zu gewinnen. Verzweifelte Kranke, denen sogenannte konventionelle Medizin nicht hilft, erhoffen sich jetzt von der TK einen Alternative-Fakten-Tarif. Der Mitgliedsbeitrag darf auch in Form von Seifenblasen gezahlt werden. Der passende Slogan: „Wir geben Ihnen das Kügelchen.“ Ergänzend könnte sich der Hamburger Versicherer in „Esoteriker Krankenkasse“ umbenennen.

Laut Google Trends haben diese Woche so viele Menschen „Krankenkasse ohne Homöopathie“ gegoogelt wie noch nie. Ohne Erfolg. Wie sie vermutlich herausgefunden haben, ist es in Deutschland ganz normal, dass homöopathische Mittel übernommen werden.

Die TK hat sich inzwischen mehr als zehnmal entschuldigt, unter anderem so: „Tweet heute Nacht war sehr unglücklich. Wir arbeiten den Fehler auf, aber nur wegen eines Fehlers fliegt bei uns niemand raus.“ Gerüchteweise ist der verantwortliche PR-Mensch aber TK-intern gesteinigt worden. Verwendet wurde die homöopathische Methode: Kolleg*innen warfen stundenlang mit Luft und zwischendurch einmal mit einem Grashalm, dessen Samen mit Erde in Berührung gekommen war, auf der vorher ein Stein gelegen haben soll. Jana Anzlinger