Mercedes setzt auf das Modell Opel

Trotz Beschäftigungssicherungsvertrag: DaimlerChrysler will in den nächsten Jahren bis zu 9.000 Arbeitsplätze abbauen. Freiwillige Abfindungs- und Vorruhestandsregelungen sollen dabei helfen. Betroffen sind die Werke in Stuttgart und Bremen

AUS FRANKFURT/M. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Das bringt Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschafter immer wieder auf die Palme: dass die Aktienkurse von Unternehmen genau dann explodieren, wenn die Vorstände einen massiven Abbau von Arbeitsplätzen ankündigen. Auch der Kurs der DaimlerChrsyler-Aktie stieg gestern zwischenzeitlich um 3,6 Prozent auf 45,54 Euro. Auf dem Parkett war die bis Redaktionsschluss offiziell noch nicht bestätigte Nachricht lanciert worden, dass der deutsch-amerikanische Automobilbaukonzern bei der Mercedes Car Group in Deutschland knapp 9.000 Stellen abbauen will.

Von den Streichungen schon bis Anfang 2007 betroffen sein sollen die Mercedeswerke in Untertürkheim und Sindelfingen bei Stuttgart und die Autofabrik in Bremen mit derzeit zusammen 105.000 Mitarbeitern. Mit dem aktuellen Restrukturierungsprogramm „Core“, das zunächst einen dreistelligen Millionenbetrag kostet, will der Konzern den operativen Gewinn von Mercedes in zwei Jahren um bis zu 3,5 Milliarden Euro verbessern. Im ersten Quartal 2005 schrieb dieser Kernbereich nach diversen Rückrufaktionen für das Flaggschiff Mercedes-Benz rote Zahlen, im zweiten Quartal wurde ein winziges Plus erwirtschaftet.

Beim Arbeitsplatzabbau jetzt favorisiere der Vorstand das „Modell Opel“, hieß es gestern aus Betriebsratskreisen. Betriebsbedingte Kündigungen seien nach dem erst 2004 geschlossenen Beschäftigungssicherungsvertrag, der den Arbeitnehmern Einschränkungen bei der Arbeitszeit und Abstriche beim Gehalt abverlangt hatte, bis 2012 ausgeschlossen. „Modell Opel“ heißt: „Freiwilliger“ Verzicht auf den Arbeitsplatz bei zeitgleicher Annahme einer Abfindung – oder Akzeptanz einer großzügigen Vorruhestandsregelung für die Jahrgänge vielleicht schon ab 1952. Die GM-Tochter Opel verhandelte so Anfang des Jahres erfolgreich Arbeitsplätze in einer ähnlichen Größenordnung weg.

Offenbar ist auch geplant, Arbeitnehmer je nach Auftragslage temporär in allen Werken des Konzerns in Deutschland einzusetzen. Ein Stammarbeitsplatz in einem bestimmten Werk werde zukünftig nicht mehr generell garantiert. Und über Smart, sagen Branchenexperten, schwebe ohnehin weiter das Damoklesschwert der Betriebsauflösung. Noch fährt der Wagen nämlich nur Verluste ein.

Bei der IG Metall in Bremen ist man „entsetzt“. Dort ist für den Donnerstag eine Betriebsversammlung avisiert worden. Ein Gewerkschaftsfunktionär sagte schon einmal, dass die kursierenden Zahlen zum Arbeitsplatzabbau „nicht akzeptabel“ seien. Die Arbeitnehmer, so seine Prognose, würden das „nicht so einfach hinnehmen“. In den Stammwerken im Großraum Stuttgart wollen die Betriebsräte zunächst einmal die weiteren Gespräche mit der Unternehmensführung abwarten. Verhandlungen über einen sozialverträglichen Stellenabbau sind schon seit Mitte 2005 im Gang.