LESERINNENBRIEFE
:

Gute Polizeiarbeit sieht anders aus

■ betr.: „Willkürlich unter Verdacht“, taz vom 21. 11. 12

Wenn von einem mutmaßlichen Täter die Personenbeschreibung vorliegt und die Polizei konsequenterweise so aussehende Verdächtige kontrolliert, dann ist das normale Polizeiarbeit. Racial Profiling dagegen ist die nicht anlassbezogene Entscheidung, eine bestimmte Personengruppe aufgrund ihres Aussehens zu kontrollieren. Film und Fernsehen präsentieren uns zwar laufend Kommissare, die mit schwer erkennbarem siebten Sinn die Übeltäter entlarven. Gute Polizeiarbeit aber sieht anders aus: Sie orientiert sich an Fakten und nicht an Vorurteilen. Denn vorurteilsbezogene Polizeiarbeit hat viele negative Folgen.

So verfestigen sich zum Beispiel die Vorurteile der Polizei in der Gesellschaft. Bei Kontrollen im öffentlichen Raum entsteht für Außenstehende typischerweise der Eindruck, dass es wohl einen Grund haben müsse, dass ständig diese bestimmte Gruppe kontrolliert wird. Und man muss ja nur häufig und umfassend genug kontrollieren, dann wird man auch schon irgendwas finden: Schon scheint die „Erfolgs-“ Statistik diesem Polizei-Vorurteil auch noch Recht zu geben. Haben rassistische Vorurteile dann erst einmal Eingang in die Bevölkerung gefunden, neigt diese wiederum auch schnell dazu, den „Südländer“ als Hauptverdächtigen anzusehen/anzugeben. Der Kreis schließt sich.

Diese Polizeimethode ist nicht nur unwirksam, sondern auch schädlich: Nicht nur, dass etwas intelligentere Kriminelle sich auf die einseitige Vorgehensweise der Polizei einstellen, es besteht zudem die besondere Gefahr, dass sich ganze Bevölkerungsgruppen von der Polizei stigmatisiert fühlen und so wohl kaum eine produktive Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden zu erwarten ist.

Die fehlgeleiteten Ermittlungen und das widersinnige Verhalten gegenüber den Opfern der NSU-Mordserie haben doch deutlich gemacht, wie weit sich die Ermittlungsbehörden heute schon ganzen Bevölkerungsschichten entfremdet haben.

Wenn sich nun aber Vertreter der Polizei auch noch für Racial Profiling aussprechen, kann ich mir das rational nicht erklären. Bei mir hinterlässt es den Eindruck, als habe man es sich geistig in der rassistisch orientierten Denke bequem gemacht.

RAINER SONNTAG, Essen

Verschiedene Richtungen

■ betr.: „Der Bundes-Bernd“, taz vom 21. 11. 12

Dass seine Piratenpartei enorm viel Prozente verloren hat, hängt wohl auch mit der Verweigerung der Kategorisierung in das Links-Rechts-Spektrum zusammen. Sich den politischen Normen und Richtungen zu verweigern und „Wir sind geradeaus“ zu sagen, zeugt von verzweifeltem Nichteingestehen der eigenen Grenzen und Möglichkeiten, was die Bürgerinnen und Bürger verwirrt. Das Parteiprogramm hüpft fröhlich zwischen linken und rechten Themen, spricht dabei die Wiedereinführung der D-Mark genauso wie das bedingungslose Grundeinkommen an, was ein theoretisches Paradoxon in der Politiklandschaft darstellt, da man sich im Kern zwei grundsätzlich verschiedene Richtungen gibt.

JAN SCHEURECK, Gailingen

Masse gibt es genug

■ betr.: „Auf dem Boden der Tatsachen“, taz vom 20. 11. 12

Es ist sicherlich kein Zufall, dass der zweite Tag der Konferenz mit dem Welttoilettentag am 19. November zusammenfällt: Boden braucht Nahrung, damit die Bodenorganismen Stoffwechsel machen und stabilen Humus aufbauen können. Was liegt also näher, als unsere Fäkalien als Rohstoff für die biologische Umsetzung von Kompost zu nutzen, statt sie, trotz hoch entwickelter Klärtechnik, zur Düngung der Meere zu verschwenden? Alternativen wie Stoffstrom trennende und wasserlose Toilettensysteme sind vorhanden und fruchtbarer Boden braucht schon heute keine „hundert Jahre für eine 2 mm dicke Schicht“. Bleibt zu hoffen, dass auf der „Global Soil Week“ auch ein Vorstoß zur Nutzung von Ressourcen stattfindet, die bisher weitgehend ausgeklammert wurden. Masse gibt es genug und wird es immer geben! WOLFGANG BERGER, Hamburg

„Boden“ gleich „Dreck“

■ betr.: „Auf dem Boden der Tatsachen“, taz.de vom 20. 11. 12

So lange für die allermeisten Menschen der Begriff „Boden“ immer noch mit der Floskel „Dreck“ gleichgesetzt wird, sehe ich kein nennenswertes Umdenken bezüglich Humusverarmung und Bodenvernichtung. SIR KIEBITZ, taz.de

Es sollte um Politikwechsel gehen

■ betr.: „Bahn frei für Schwarz-Grün“, taz vom 22. 11. 12

Ich selbst bin Grüner, weil ich diese Partei für die einzige linksliberale Kraft im Parteienspektrum halte und der festen Überzeugung bin, dass unsere Gesellschaft mehrheitlich auch sozialliberal denkt. Das spiegelt sich gerade auch in den Umfragen wieder. Dort gibt es immer wieder klare Mehrheiten links der Mitte. Dass man nun eher über Schwarz-Grün diskutiert, anstatt auch mal darüber zu reden, dass Rot-Rot-Grün eine Mehrheit hätte und auch die Piratenpartei wieder über fünf Prozent geklettert ist und eine weitere Option wäre, das überrascht und erschreckt mich gleichermaßen. Es sollte am Ende doch nicht nur um Machtwechsel, sondern auch um einen Politikwechsel gehen! MARKUS MEISTER, Kassel