: Drinnen-Eier in Draußen-Kartons
ERNÄHRUNG Eier aus Freilandhaltung gibt es wegen Vogelgrippe und Stallpflicht derzeit kaum
Aber auch Betriebe, die keine Tiere töten mussten, leiden unter dem H5N8-Virus: Wegen der in vielen Bundesländern zum Schutz vor der Grippe verordneten Stallpflicht können sie Eier nicht mehr als Freilandeier verkaufen – ein Verlust von einigen Cent pro Ei. Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) forderte deshalb den Einzelhandel auf, die Eier weiterhin zu den gleichen Preisen zu kaufen.
„Solange die Hühner nicht im Freiland gehalten werden, besteht dafür kein Anlass, der das rechtfertigt“, kritisiert hingegen Christiane Manthey von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sie fordert außerdem, dass die Eier aus dem Stall als Bodenhaltungs-Eier gekennzeichnet werden müssen – oder alternativ einen Aufkleber auf der Verpackung, der deutlich auf die Stallpflicht hinweist.
Dass es bisher trotz Stallpflicht, die teilweise schon seit November gilt, noch Eier aus Freilandhaltung zu kaufen gab, liegt an einer Übergangsklausel: Laut einer EU-Verordnung dürfen Eier noch bis zu zwölf Wochen nach Beginn der Stallpflicht als Freilandeier verkauft werden. Diese Frist endet in vielen Bundesländern in diesen Wochen – in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein beispielsweise ist sie schon abgelaufen. Dort müssen Betriebe ihre Eierkartons nun umetikettieren. Der ZDG hat einen Vorschlag gemacht, wie Betriebe die alten Kartons weiterverwenden können: Ein Aufkleber mit der Aufschrift „Vorübergehend zum Schutz unserer Legehennen Eier aus Bodenhaltung“ soll alle Hinweise auf Freilandhaltung überdecken – zudem soll der Code auf den Eiern geändert werden. „Der vom ZDG geplante Aufkleber hebt nicht auf die behördlich angeordnete Stallpflicht ab, genau diesen Hinweis möchten wir aber auf der Verpackung“, sagt Verbraucherschützerin Manthey. Zudem müsse der Aufkleber schon ab Beginn der Stallpflicht auf die Verpackung, nicht erst nach Ablauf der zwölf Wochen.
Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) hingegen kritisiert die Frist selbst: Wie das Nachrichtenportal topagrar berichtete, hat er sich in einem Brief an EU-Agrarkommissar Phil Hogan für eine Verlängerung der Frist eingesetzt. Die Kommission plane allerdings keine Ausweitung der zwölf Wochen, wie topagrar schreibt.
In der Kritik steht derzeit auch das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg: Anfang des Monats verkündete das Land eine neue Stallpflicht, die einen Tag nach Ende der alten in Kraft trat. Die zwölfwöchige Übergangsfrist fängt nun von vorn an, obwohl die Hühner schon seit November im Stall sind. Kritik kommt vom Bundeslandwirtschaftsministerium: „Eine Verlängerung der 12-Wochen-Frist durch eine kurzzeitige Unterbrechung des Aufstallungsgebotes ist rechtlich nicht möglich“, schrieb das Ministerium auf Nachfrage der taz. Das baden-württembergische Verbraucherschutzministerium streitet diese Vorwürfe jedoch ab: „Dieser eine Tag hat rechtlich mit der Kennzeichnungspflicht nichts zu tun“, sagte Sprecherin Isabel Kling der taz. Der Grund für die verlängerte Frist sei eine neue Risikoeinschätzung.
Friederike Meier
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