LeserInnenbriefe
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Lebenswirklichkeit vermittelt

betr.: „Alles auf Stillstand“, „Hier geschehen große Dinge!“, taz vom 17. 2. 17

Ich lese die Reportagen von Gabriela Keller über Stendal mit großem Gewinn. Sie sind berührend und beschämend, wie ich das bislang nicht erlebt habe. Man fragt sich, ob dieser Text wirklich auf das eigene Leben einwirken könnte (so wie das alte Ideal im Theater: Geh raus und sei ein besserer Mensch). Meistens überfliege ich Reportagen eher, lese nur den Schlussabsatz oder scanne den Text nach der groß gedruckten Zwischenüberschrift, dem einen interessanten Zitat, weil mich der ganze Mist wie Kleidungsstil, Gesichtsausdruck, Kaffeefarbe der Protagonisten nicht interessiert.

Keller gelingt aber ein unverstellter Blick gepaart mit kritischer Distanz und damit genau das total gut, was man seit zwei, drei Jahren als Manko aller Pressearbeit ausgemacht hatte: die Lebenswirklichkeiten derjenigen zu vermitteln, die sich im Metropoljargon nicht wiederfinden. Ich würde mich über eine Fortsetzung dieser guten Arbeit in der taz freuen.

Im Übrigen sind auch die Alt-Right-Undercover-Reportagen des italienischen Kollegen Riccardo Valsecchi sehr gut. Ihr habt euch wohl ein neues Konzept überlegt, auch diese meinland-Reihe gehört vermutlich dazu. Wenn das so weitergeht, kann man sagen, es trägt. PETER DAHLHAUS, Köln

Kostenlose Beratung

betr.: „Die Willkür-Behörde“, taz vom 17. 2. 17

Der Artikel beschäftigt sich mit einer der beschämenden Folgen der Agenda 2010.

Wichtig wäre aber auch der Hinweis an die Betroffenen, dass Anwälte zwar Geld kosten, es aber auch kostenlose offene Beratungsstellen gibt, zum Beispiel bei der Berliner Mietergemeinschaft oder der Berliner AWO und sicher auch in anderen Städten. Dort beraten Anwältinnen und Anwälte ehrenamtlich. Außerdem gibt es für die Kostenübernahme Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe. STEPHAN GOEBEL, Berlin

Variante der individuellen Blödheit

betr.: „Bio-Siegel außer Kontrolle“, taz vom 15. 2. 17

Gott sei dank trinke ich Tee und nicht Kaffee. Biotee natürlich – zu gepfefferten Preisen. Aus China, aus Japan (selten, weil zu teuer) oder aus Indien. Und ich esse gern Honig. Biohonig. Zum Beispiel aus Mexiko oder Südosteuropa. Und ich glaube, dass, wo Bio draufsteht, auch Bio drin ist. Wohlgemerkt: Ich glaube das.

Real denke ich: Eher nicht. Wenn bei uns eine flächendeckende Kontrolle der Bioproduktion nicht funktioniert – wie stelle ich mir das in Äthiopien oder irgendwo im Urwald von Peru (Ingwer) vor? Gar nicht. Ich glaube naiv und reflexfrei einfach weiter, dass das langfristig der richtige Weg ist.

EU-Kontrollstellen zu vertrauen, halte ich im Übrigen für eine wundervolle Variante der „individuellen Blödheit“ (siehe zum Beispiel Abgastestverfahren). WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen

Gegen Mautpauschale

betr.: „Neuer Ärger für Dobrindt“, taz vom 18. 2. 17

Betreff dieses Themas sind nicht nur unsere europäischen Nachbarn benachteiligt. Meine derzeitige Nutzung der Autobahnen findet überwiegend für meine Urlaubsfahrten statt. Gern würde ich für diese Zeit eine Vignette erstehen und nicht pauschal belastet werden.

Bis zu meinem Eintritt in die Rente habe ich für den Herrn, der mir Geld gab, so 40.000 bis 50.000 Kilometer auf deutschen Autobahnen verfahren. Jetzt bleibe ich unter 5.000 Kilometer und empfinde hier durch die Pauschalisierung einen Nachteil.

HANS DIETER SCHMIDT, Glinde

„Tote Studenten in der Lobby“

betr.: „Wir brauchen einen neuen Begriff … “, „Bis nur noch die Grammatik stimmt“, Leserbrief vom 11./12. und 16. 2. 17

Leider stimmt die Grammatik auch nicht, denn wenn man von Erlebenden spricht, müssen diese etwas gegenwärtig erleben. So wie Studierende gegenwärtig studieren müssen. Max Gold hat den Satz diskutiert: In der Lobby lagen tote Studenten/Studierende. Tote Menschen sind nicht mehr aktiv und können demzufolge auch nicht mehr studieren. STEFAN MÜLLER, Berlin

Geschmacklose Speiseempfehlung

betr.: „Köstliche Kriechmuskeln“, taz vom 11./12. 2. 17

Der Artikel von Philipp Maußhardt hat mich schlicht gesagt verärgert. Herrn Maußhardt scheint nicht bekannt zu sein, dass Weinbergschnecken – Helix pomatia – unter Naturschutz stehen, seine Empfehlung, welche zu sammeln, nicht nur geschmacklos, sondern auch strafbar ist.

Schnecken, die zum Essen angeboten werden, werden auf „Schneckenfarmen“ gezüchtet.

Ich hatte genug Zeit, ihr Verhalten zu beobachten, weil Nachbarn im Sommer ohne Not (nur ein paar Blumenbeete, kein Gemüse), systematisch Weinbergschnecken zertreten und schließlich mittels Gift oder Kalk grausam getötet haben. Ich sammelte jede, die ich im Umfeld fand, ein, fütterte sie und setzte sie in geeigneter Umgebung aus. Bis dahin hatte ich Zeit und viel Freude daran, ihr Verhalten zu beobachten. Ich würde das jedem empfehlen, bevor er oder sie Schnecken verzehrt.

ANITA TRAUTMANN, Freiburg