EU/TÜRKEI I: EUROPAS BEITRITTSGEGNER INSTRUMENTALISIEREN ZYPERN
: Neue, falsche Freunde

Es scheint selbstverständlich: Wer in einen Verein eintreten will, muss alle anderen Vereinsmitglieder anerkennen. Nichts anderes fordert die EU vom Aspiranten Türkei mit der möglichst raschen Anerkennung Zyperns. Doch die Angelegenheit ist komplizierter. Der Konflikt zwischen Ankara und Nikosia hat eine über vierzigjährige Geschichte. Inselgriechen und Inseltürken haderten schon miteinander, als von der EU noch keine Rede war. Man kann den Zyprioten keinen Vorwurf daraus machen, diesen Vorteil zu ihren Gunsten nutzen zu wollen. Indem nun aber namentlich Konservative in Europa Zypern als Mittel zur Verhinderung des Türkei-Beitritts entdecken, funktionalisieren sie den Konflikt für eigene Interessen.

Europa war nie führend an Versuchen zur Lösung des Zypernkonflikts beteiligt, das war immer Sache der UN. Sie haben 2004 einen Plan zur Lösung vorgelegt, der die Auflösung des Staates der Inselgriechen zugunsten einer neuen Republik aus Zyperngriechen und Zyperntürken vorsah. Versenkt haben diesen Plan die Griechen, nicht die Türken. So blieb der Status quo erhalten: hier die anerkannte griechische Republik Zypern, dort das international isolierte türkische Nordzypern. Dass Ankara diesen Zustand nicht anerkennen will, ist verständlich. Türkische Zyprioten befürchten zu Recht, bei den Griechen könne jedes Interesse an einem Kompromiss erlahmen, weil ihnen eine Konfliktlösung zu eigenen Bedingungen im Rahmen der EU in den Schoß fallen werde.

Wenn sich die Europäer nun auf die Seite ihres Mitglieds Zypern schlagen, erschweren sie die Lösung des Konflikts. Natürlich muss die Türkei Zypern anerkennen. Doch über die politische Ausgestaltung der Insel müssen alle Beteiligten einen Konsens erzielen. Die neuen Freunde der Zyperngriechen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass ihnen im Zweifelfall das Hemd näher als die Jacke ist: Zu Zeiten, als die Türkei jede Lösung blockierte, haben sie Ankara aus strategischen Gründen die Stange gehalten und Zypern im Regen stehen lassen. Deshalb sind die europäischen Türkei-Kritiker in Wahrheit diejenigen, die an Zypern das geringste Interesse haben – und tatsächlich nur ihre eigenen Interessen verfolgen. KLAUS HILLENBRAND