Gelbe Karte für den Vizepräsidenten

ZWEITE LIGA Sportlich geht es wieder bergauf für den FC St. Pauli. Dem fünfköpfigen Vereinspräsidium dagegen drohen bei der Jahreshauptversammlung heute Abend durchaus heftige Turbulenzen

Es rumpelt gewaltig in der Kommunikation zwischen Vereinsspitze und Fanbasis

Die Herren stellen sich auf eine lange turbulente Nacht ein. Wenn heute um 18.30 Uhr die Jahreshauptversammlung des FC St. Pauli im Hamburger Congress-Centrum beginnt, dürfte dem fünfköpfigen Präsidium des Fußballzweitligisten gehörig der Wind ins Gesicht blasen: In der Kommunikation zwischen Vereinsspitze und Fanbasis rumpelt es seit Monaten gewaltig.

Und das so heftig, dass zwei Angehörige der vereinsintern mächtigen „Abteilung fördernde Mitglieder“ (AFM) einen Abwahlantrag gegen Vizepräsident Gernot Stenger gestellt haben. Der 55-jährige Jurist, so der Vorwurf, habe den ständigen Fan-Ausschuss belogen.

Dabei geht es um scheinbare Nebensächlichkeiten: darum, wann er von bestimmten Vorlagen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) wusste. Und darum, ob er einen vorgeschlagenen Maßnahmenkatalog zwischenzeitlich als „unterschriftsreif“ eingeschätzt hat oder nicht. Stenger bestreitet die Vorwürfe, der Fan-Ausschuss aber nennt seine Aussagen „nicht haltbar“.

Etliche Fan-Gremien lehnen die von der DFL angeregte Verschärfung von Sicherheitsmaßnahmen im Stadion ab. Auch die Spitze des FC St. Pauli erteilte dem DFL-Papier vergangene Woche eine Absage – der enge Zeitkorridor reiche nicht aus für eine vereinsinterne Diskussion.

Sind Basis und Präsidium also in der Sache gar nicht so weit voneinander entfernt, fühlen sich viele Fans dennoch von Stenger getäuscht. „Wer lügt, der fliegt“, lautete da nur eins der Transparente gestern im Millerntor-Stadion.

Mit einer Abwahl Stengers, für die eine Dreiviertel-Mehrheit notwendig wäre, ist heute Abend allerdings nicht zu rechnen. So empfiehlt das Fan-Blog „Lichterkarussell“ taktisches Abstimmungsverhalten: ein „Stattgeben des Abberufungsantrages“ biete sich „als ‚Schuss vor den Bug‘“ an.

Talfahrt verlangsamt

Dass die zwischenzeitliche sportliche Talfahrt des FC auf der Versammlung ein wenig in den Hintergrund treten kann, dafür sorgte am Sonntag ein klarer Heimerfolg: 4:1 (1:1) gewann die Elf über den MSV Duisburg. Für diesen bislang höchsten Saisonsieg sorgte eine Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit sowie ein gut aufgelegter Finn Bartels. Dessen Verlegenheitsflanke landete nach 18. Minuten auf Umwegen auf Daniel Ginczeks Fuß – und schließlich im Netz der Gäste. Das 2:1 und das 3:1 schoss Bartels Mitte der zweiten Halbzeit gleich selbst. Beim 4:1 durch den eingewechselten Mahir Saglik musste Bartels zwei Minuten vor Schluss dann nur noch anerkennenden Applaus beisteuern.

Das kurioseste Tor – zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich – schoss gestern aber der Duisburger Benjamin Kern: Bei einer eigentlich ungefährlichen Flanke aus über 30 Metern verließ Paulis Torhüter Philipp Tschauner sich ganz auf Mittelfeldspieler Florian Kringe – der aber wiederum Tschauner nicht in die Parade fahren wollte. Als der Ball kurz darauf im Netz zappelte, hatten beide gelernt, was Präsidium und Fans noch nicht zuverlässig beherrschen: Rechtzeitig miteinander reden hilft, manchen Rückschlag zu vermeiden.  MAC